Die Beziehungen zwischen der EU und Israel laufen auf zwei Ebenen ab. Auf der politischen Ebene versucht die EU eine Vermittlerrolle im Friedensprozess einzunehmen und zu helfen, aber auch eigene Interessen, die sich zum Teil von denen der Amerikaner unterscheiden, durchzusetzen. Die andere Ebene ist die pragmatisch-bürokratische. Im ganz normalen Alltag gibt es zahlreiche Verbindungen zwischen der EU und Israel im Handel, in Wissenschaft, Kultur und Erziehung. Richard C. Schneider [1]
Aber erst die Besetzung nach dem Sechs-Tage-Krieg hatten diese Konflikte in Israel voll ausbrechen lassen. Von streng religiösen jüdischen Philosophen bis hin zu linksgerichteten Israelis hatten sich viele gegen die Okkupation ausgesprochen, wobei der jüdische Professor Yeshayahu Leibowitz davor gewarnt hatte, auch nur den kleinsten Teil der Palästinensergebiete zu halten, denn wenn wir nur einen kleinen Teil von dem schlucken, was wir erobert haben, werden wir viel schwächer werden. Eine weitere Million Araber wird alle Grundlagen unserer Existenz unterlaufen. Antonia Rados [2]
Im März 2012 beschrieb der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel nach einem Besuch in Israel und dem Westjordanland die Lage in Hebron via Twitter wie folgt: „Das ist für Palästinenser ein rechtsfreier Raum. Das ist ein Apartheid-Regime, für das es keinerlei Rechtfertigung gibt.“ Dazu muss man wissen, dass Hebron rund 200.000 Palästinenser und 500 überwiegend rechtsextreme und gewaltbereite israelische Siedler leben. Auch der Apartheid-Vergleich ist nicht neu. Der südafrikanische Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu beispielsweise hat die Politik Israels gegenüber den Palästinensern widerholt mit der früheren Apartheid-Politik Südafrikas verglichen. Gabriel bezog seinen Apartheid-Vergleich ausdrücklich allein auf Hebron – gleichwohl geriet er umgehend ins Kreuzfeuer der Kritik. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe etwa zeigte sich empört und verlangte eine sofortige Entschuldigung für Gabriels „verbalen Totalausfall“. Die „Frankfurter Rundschau“ kommentierte am 17. März 2012: „Sigmar Gabriel … sonderte als ahnungsarmer Kurzbesucher in Israel und im besetzten Hebron einen flapsigen Facebook-Satz ab, der kein Beitrag zur ernsthaften Debatte über ein Israelis wie Palästinenser umtreibenden Problem ist. Michael Lüders [3]
Richard C. Schneider schreibt in seinem Buch, „WER HAT SCHULD? WER HAT RECHT?“:
Einerseits verdankt Israel seine Existenz unter anderem der UNO, andererseits sieht sich Israel immer wieder von der UNO in die Ecke gestellt als Buhmann, als „böser Bube“ unter den Nationen.
Alles begann mit der Resolution 181 (II) vom 29. November1947. Es ging um die Frage der zukünftigen Regierung von Palästina. Die Resolution empfahl, dass die Briten als Mandatsmacht Palästina verlassen, dass das Militär spätestens zum 1. August 1948 aus dem Land sein müsse, dass ein unabhängiger arabischer (palästinensischer) und ein unabhängiger jüdischer Staat sowie eine besondere internationale Verwaltung für die Stadt Jerusalem, die von der UN getragen werde, ins Leben gerufen werden. Und dass schließlich in Jerusalem die Interessen aller Religionen, Christentum, Judentum und Islam, gewahrt werden sollen.
Die Resolution der UNO-Vollversammlung Nr. 273 vom 11. Mai 1949 lässt Israel als Mitglied der Vereinten Nationen schließlich zu.
Der gesamte Nahostkonflikt ist seitdem immer wieder von UNO-Resolutionen mit beeinflusst worden.
Die UNO-Resolution 3379 von 1975 hat entscheidend zum angespannten Verhältnis zwischen Israel und der UNO beigetragen. Die UNO erklärt darin, dass sie glaubt, der Zionismus sei eine Form des Rassismus und der rassischen Diskriminierung. Die Resolution zitiert dazu Resolutionen anderer transnationaler Organisationen, in denen der Zionismus als Bedrohung für den Weltfrieden und die Sicherheit angesehen wird, als rassische und imperialistische Ideologie. Und sie sagt wörtlich, dass die rassistische Regimes in Zimbabwe und Südafrika den gleichen imperialistischen Ursprung haben, dieselbe rassistische Struktur. Sie seien in ihrer Politik miteinander verbunden, die zum Ziel habe, die Würde und Integrität des Menschen zu unterdrücken.
Diese Resolution wurde 1991 von der UNO-Vollversammlung durch die Resolution 4686 widerrufen.
Doch die UN-Politik im Nahen Osten muss sich kritische Fragen gefallen lassen. Nach dem ersten israelisch-arabischen Krieg 1948 wurde das palästinensische Flüchtlingsproblem zu einem Kernpunkt der weiteren Auseinandersetzungen zwischen Israel und seinen Nachbarn. Seit 1948 ist die UNO die wichtigste Organisation, die sich um das Schicksal der Palästinenser kümmert. Die meisten Flüchtlingslager werden von ihr betreut und verwaltet. Das es sie bis heute gibt, ist ein Ergebnis regionaler Politik.
Die arabischen Staaten hatten keinerlei Interesse daran, die Flüchtlinge aufzunehmen oder gar zu rehabilitieren, indem man ihnen zum Beispiel staatsbürgerliche Freiheiten und Rechte zubilligte. Im Libanon dürfen palästinensische Flüchtlinge bis heute nicht studieren oder arbeiten, sie haben bis heute nicht die libanesische Staatsbürgerschaft bekommen.
[1] Richard C. Schneider, “ WER HAT SCHULD? WER HAT RECHT? Was man über den Nahostkonflikt wissen muss“, Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2007
[2] Antonia Rados, „Gucci gegen Allah Der Kampf um den neuen Nahen Osten“, Wilhelm Heyne Verlag, München, Aktualisierte Taschenbuchausgabe 11/2006
[3] Michael Lüders, „IRAN: DER FALSCHE KRIEG Wie der Westen seine Zukunft verspielt“, Verlag C.H. Beck oHG, München 2012