Militärischer Wert der Heiligen Stadt Jerusalem

Warum besetzten Muslime die Heilige Stadt Jerusalem?

Der militärische Wert der Heiligen Stadt – isoliert mitten in den Bergen Judäas – war begrenzt. Doch nach Jahrzehnten, in denen Nur ad-Din und Saladin ihre religiöse Bedeutung mittels Predigten und Propaganda nachdrücklich ins Bewusstsein gehoben hatten, war der Status Jerusalems als heiligster Ort des Islams außerhalb Arabiens fest verankert. In einem Krieg, der auf der Vorstellung des Dschihads aufbaute, musste Jerusalem das letzte Ziel sein. Saladin beorderte in weiser Voraussicht die ägyptische Flotte in den Norden, um Jaffa gegen einen christlichen Angriff zu verteidigen; die lateinischen Vorposten, die Judäa gegen Angriffe  aus dem Osten schützen sollten, waren schon besiegt; nun, am 20. September 1187, rückte das Heer Saladins gegen Jerusalem vor.

Der Termin für die offizielle Übergabe Jerusalems wurde sehr bewusst gewählt, denn auch damit sollte das Ansehen des Sultans als eines bewährten Vorkämpfers des Glaubens betont werden. Jahrhunderte zuvor war Mohammed nach seiner nächtlichen Reise am 2. Oktober vom Tempelberg aus zum Himmel aufgefahren. Saladin wählte im Jahre 1187 ebendieses Datum für seinen triumphalen Einzug in die Stadt und zog damit deutliche Parallelen zwischen seinem eigenen Leben und dem des Propheten. Danach setzten rasch die Umbauten und die Islamisierung ein. Viele christlichen Andachtsstätten und Kirchen wurden ihrer Schätze beraubt und geschlossen; einige wurden in Moscheen, madrasas (Schulen) oder Gebäude für religiöse Gemeinschaften verwandelt. Intensiv diskutiert wurde das Schicksal des Heiligen Grabes; einige plädierten dafür, es vollständig zu zerstören. Viele andere rieten zu weniger radikalem Vorgehen: Sie argumentierten, christliche Pilger würden die Stätte auf jeden Fall auch weiterhin aufsuchen und verehren, selbst wenn das Gebäude dem Erdboden gleichgemacht wäre, und sie erinnerten Saladin daran, dass Umar, der erste muslimische Eroberer Jerusalems, die Kirche ebenfalls nicht angerührt habe.

Thomas Asbridge, „Die Kreuzzüge“, 2010, Verlag Simon & Schuster UK Ltd, London

Veröffentlicht von

Reservisten-Rührt-Euch!

Ich bin Mitglied im Reservistenverband. Auftrag des Reservistenverbandes ist die Durchführung der Sicherheitspolitischen Arbeit für die Bundeswehr. Hieraus leitet sich die Mittler-Aufgabe für die Bundeswehr in der Zivilgesellschaft ab.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert