Syrischer Widerstand gegen die französischen Besatzer und Heimat von Terrorgruppen

Die Franzosen handelten nach dem Prinzip „teile und herrsche“. Sie formten Kleinstaaten aus ihren Mandatsgebieten. An der Spitze stand jeweils ein französischer Verwaltungsbeamter.

Einen eigenen Staat mit eigener Fahne und klaren Grenzen bekamen die Alawiten. Ein französischer Gouverneur entschied über die Politik.

Nach vier Jahren wurden die Teilstaaten aufgelöst und zu einer großen französischen Verwaltungseinheit zusammengefasst.

Nur der Alawitenstaat blieb.

Der Großvater des gegenwärtigen Präsidenten, Suleiman al-Assad, schrieb 1936 zusammen mit anderen führenden Alawiten in einem Brandbrief an den französischen Präsidenten Leon Blum:

„Der Geist von Hass und Fanatismus im Herzen der arabischen Muslime lässt sie jeden Nichtmuslim ablehnen. Da diese Haltung vom Islam ständig genährt wird, gibt es keine Hoffnung, dass sich daran etwas ändert.“

Die Unterzeichner fürchteten in einem Großsyrien als Minderheit von der sunnitischen Mehrheit wieder einmal verfolgt zu werden, sobald ihre Schutzmacht Frankreich aus Syrien abziehen sollte.

Im Jahre 1946 erhielt Syrien von der Kolonialmacht Frankreich seine Unabhängigkeit und wurde Republik.

Nur zwei Jahre später, 1948, erklärte Israel seine Unabhängigkeit.

Der erste israelisch-arabische Krieg brach aus, der aus israelischer Sicht sogenannte „Unabhängigkeitskrieg“. Syrien stellte damals den multinationalen arabischen Truppen nur eine kleine Zahl von Soldaten im Kampf gegen den jüdischen Staat zur Verfügung, gerade mal 2500 Mann, von denen lediglich 1000 auf israelischem Boden kämpften, der Rest blieb in Syrien stationiert.

Das hatte weniger mit Zuneigung für den Zionismus zu tun. Es war eher eine politische Unterwerfungsgeste gegenüber den Großmächten Frankreich, USA und Großbritannien. Präsident Shukir al-Kuwatli wollte sich nicht in deren Regionalpolitik einmischen. Es war aber auch ein Statement Syriens gegenüber dem Panarabismus, der damals in den arabischen Staaten vorherrschende Ideologie, die vorsah, einen nationalen Einheitsstaat für alle Araber zu schaffen.

Das Syrien also im Krieg gegen Israel nicht wirklich mit von der Partie war, war also ein klares Zeichen, dass die Regierung in Damaskus schon damals die eigenen Interessen über die der „arabischen Sache“, des arabischen Kollektivs stellte, was immer das auch jeweils bedeuten mochte.

Das es Israel damals gelang, die arabische Armee hinter die libanesische Grenze zurückzu drängen, ist also – aus heutiger Sicht geradezu unglaublich – quasi der syrischen „Nichteinmischung“ zu verdanken.

Nach der ersten arabischen Niederlage gegen Israel, die auf Arabisch „Nakba“ genannt wird, auf Deutsch: „Katastrophe“, offerierten die USA 400 Millionen US-Dollar, um im fruchtbaren Nordosten des Landes rund eine halbe Million palästinensische Flüchtlinge anzusiedeln. Doch die syrischen Oppositionsparteien protestierten gegen diesen Vorschlag. Sie sahen dieses Angebot als Ausverkauf der in ihren Augen legitimen palästinensischen Rechte auf eine Rückkehr in das Land, das jetzt von den „Zionisten“ besetzt gehalten wurde.

Syriens Politik war stets darauf bedacht, seine eigene regionale Vormachtstellung zu sichern. So darf auch die Annäherung an die USA nach 1989 nicht als Hinwendung um Westen missverstanden werden. Schließlich ist heute der Iran der wichtigste strategische Partner Syriens. Es erhält aus Teheran billiges Öl und militärische Unterstützung.

Gibt es womöglich Chancen, Syrien aus den Klauen des Iran zu lösen? Davon sind viele im Westen überzeugt. Denn trotz der Unterstützung islamistischer Kräfte – die herrschende Baath-Partei ist bis heute radikal laizistisch, radikal anti-religiös.

Eine Schlüsselrolle bei der Vermittlung zwischen Syrien und dem Westen könnte der Türkei zufallen. Sie ist ein enger strategischer Partner der USA und Israels und teilt mit Syrien eine Grenze und vor allem: Wasserquellen. Die Türkei kontrolliert die gesamte Wasserzufuhr, die Syrien vom Euphrat erhält.

Heute ist die Türkei das einzige nichtarabische Land, das gute Beziehungen zu Syrien unterhält. Sollte die Türkei früher oder später EU-Mitglied werden, so könnte das auch für Syrien positive wirtschaftliche Auswirkungen haben.

Doch dazu muss sich Assad mehr bewegen. Zwar war Syrien eines der ersten Länder, das die von den USA eingesetzte irakische Regierung nach dem Sturz Saddam Husseins anerkannte.

Doch Syrien hält seine Grenzen zum Irak weiterhin offen. Waffen und islamische Terroristen können ungehindert in den Irak gelangen und somit den bewaffneten Kampf gegen amerikanische Truppen fortführen.

Bleibt also das Terror-Problem. Syrien ist nicht einfach nur ein „stiller Teilhaber“ an Terroraktionen islamistischer Gruppen. Syrien war selbst an zahlreichen Attentaten beteiligt, nach zuverlässigen Aussagen des US-Außenministeriums gibt Syrien der Hizbollah eine „substanzielle Menge Hilfe in den Bereichen Finanzen, Ausbildung, Waffen, Explosivstoffen, Politik, Diplomatie und Organisation“. Iranische Waffen, die für die Hizbollah bestimmt sind, gelangen über Syrien in den Libanon. Und man darf nicht vergessen: Syrien lässt bis heute Angriffe der Hizbollah auf Israel zu, schürt so regionale Spannungen, ganz wie es Damaskus beliebt.

Für Syrien ist die Beheimatung der Terrorgruppen ein wichtiges Element seiner Politik. Einerseits kann man deren Aktivitäten kontrollieren und beeinflussen, andererseits gibt es dem Regime die Möglichkeit, die Terrorgruppen als permanente Bedrohung moderater arabischer Staaten einzusetzen, um diese wenn nötig zu zwingen, sich gemäß eigener Interessen zu verhalten.

Nicht nur der Westen muss sich also angesichts der nuklearen Bedrohung durch den Iran entscheiden, wie er mit Syrien umgehen will. Auch Bashar al-Assad wird irgendwann Farbe bekennen müssen. Von ihm wird ein deutliches Signal erwartet, wohin er sein Land zu führen gedenkt. Dazu aber müsste er mit einer alten syrischen Tradition brechen: Mit der Politik der Doppeldeutigkeit, die sich immer mehr Möglichkeiten offen lässt.

 

[1] Jörg Armbruster, „BRENNPUNKT NAHOST Die Zerstörung Syriens und das Versagen des Westens“, Westend Verlag GmbH, Frankfurt/Main 2013

[2] Richard C. Schneider, „WER HAT SCHULD? WER HAT RECHT? Was man über den Nahostkonflikt wissen muss“, Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2007

War es „Verrat an den arabischen Völkern?“

Das Vertrauen in Leutnant Lawrence 1919 und Henry MacMahon, dem britischen Hochkommissar von Ägypten, gegenüber den arabischen Freunden war groß. Sie vertrauten den Versprechen vom arabischen Reich und glaubten an eine große Zukunft nach der Zerschlagung des Osmanischen Reiches.

Tatsächlich hatte sich aber schon während des  Krieges abgezeichnet, dass die Kolonialmächte Großbritannien und Frankreich ihre Ansprüche auf die arabische Welt nicht aufgeben würden.

Was ist schon ein gebrochenes Versprechen, verglichen mit dem vielen Öl unter dem Wüstensand und dem Suezkanal als Verbindungsweg nach Asien? Das war das einzige, was damals für die Sieger des Ersten Weltkriegs zählte. Und genau darüber beklagte sich Lawrence in seinem Buch „Die sieben Säulen der Weisheit“.

Und diese Alten hatten sogar einen Namen. Mr. Sykes und M. Picot. Mark Sykes, ein britischer Diplomat und sein Kollege Francois Georges-Picot. Sie hatten im Auftrag ihrer Regierungen schon 1916 in einem Geheimabkommen festgelegt, wie der Nahe Osten nach einem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches unter den beiden Kolonialmächten Frankreich und Großbritannien aufgeteilt werden sollte.

Der nach dem ersten Weltkrieg gegründete Völkerbund, ein Vorläufer der Vereinten Nationen, setzte Großbritannien und Frankreich als politischen Vormund über Provinzen der arabischen Welt ein, die früher zum Osmanischen Reich gehört hatten. London beanspruchte als Mandat Jordanien und Palästina, Frankreich bekam Syrien und den Libanon zugesprochen.

Die Grenzen dieser Mandatsgebiete wurden mit dem Lineal gezogen, was man heute noch besonders drastisch an den Grenzen Jordaniens erkennen kann.

Auch der östliche Nachbar des Haschemitenreichs ist ein solches Kunstgebilde. Aus drei osmanischen Provinzen hatten britische Offiziere ein Riesenreich zusammengebacken und es Irak genannt. Die Menschen, die dort lebten, hatten sie allerdings nicht gefragt.

Und sich selbst hatten diese kolonialen Staatengründer offensichtlich auch nicht gefragt, ob Kurden, Schiiten und Sunniten tatsächlich einen gemeinsamen Staat bilden können, ob es nicht sinnvoller wäre, Stammesgrenzen und Siedlungsgebiete der Menschen zu berücksichtigen. Nicht nur der Irak leidet jedenfalls heute noch unter dieser Arroganz der britischen Kolonialbürokratie.

Dieses Sykes-Picot-Abkommen war die Grundlage für die postkoloniale Ordnung im Nahen Osten, die bis in die Gegenwart gehalten hat. Mehr schlecht als recht; denn keines dieser arabischen Länder, die die beiden Kolonialmächte spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg in die Unabhängigkeit entlassen mussten, entwickelte sich zu einer Demokratie, in keinem der Länder hatte die Bevölkerung jemals so etwas wie ein Mitspracherecht bei der Gestaltung ihrer Zukunft.

Und noch einen Verrat hatten die Briten in den Augen der Araber begangen. Der britische Außenminister Lord Balfour hatte am 2. November 1917 den Führern der „Zionistischen Weltorganisation“ das Recht zugesagt, in Palästina „eine Heimstatt für das jüdische Volk zu errichten“, in einem Land also, das eigentlich Arabern gehörte  und von Arabern besiedelt war. Damit hatte er den Grundstein für den heute noch andauernden Palästinakonflikt zwischen Israel und den Arabern gelegt.

[1] Jörg Armbruster, „BRENNPUNKT NAHOST Die Zerstörung Syriens und das Versagen des Westens“, Westend Verlag GmbH, Frankfurt/Main 2013

[2] T.E. Lawrence, “ Die Sieben Säulen Der Weisheit“ „Lawrence von Arabien“,  Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin, 2. Auflage 2010

Sexuelle Belästigung der Frauen auf dem Tahrir-Platz

Der Tahrir-Platz verdankt seinen Namen einigen gebildeten ägyptischen Frauen. Sie haben sich vor ca. 90 Jahren demonstrativ den Schleier vom Kopf gerissen und zur Befreiung Ägyptens sowohl von den britischen als auch von der osmanischen Herrschaft aufgerufen.

Die ägyptische Frauenrechtlerin Huda Scha’arawi, die Klara Zetkin als Vorbild sah, hatte diese Aktion damals initiiert, nicht um zu provozieren, sondern um andere Frauen zu ermutigen, sich von niemandem bevormunden zu lassen. Sie wurde für ihre Aktion nicht als Häretikerin oder Provokateurin betrachtet, sondern als Menschenrechtsaktivistin, nach der man eine Straße in Kairo benannte. Heute, über 90 Jahre später, ist eine derartige Aktion auf dem Tahrir-Platz beinahe unvorstellbar.

Im März 2011 traf sich am Rande eines Medienkongresses in Berlin die tunesische Bloggerin Lina Mhenni, die eine zentrale Rolle während der Jasmin-Revolution spielte, auch wenn sie das selbst immer bestreitet. Die zierliche junge Frau hatte einen Blog mit dem harmlosen Namen „A tunesian girl“, der aber eines von vielen effektiven Mitteln gegen die Zensur war, die das Regime Ben Alis über die Medien verhängt hatte. Obwohl ihr Freund, selbst Blogger, von der Polizei entführt und gefoltert wurde, schrieb sie weiter. Sie initiierte eine Internetkampagne für die Freilassung ihres Freundes und gegen Folter und Zensur.

Die Ironie der Geschichte ist, dass Ben Alis Frau Leila Trabelsi, die das Kopftuch im lauzistischen Tunesien vehement bekämpft hatte, nun in Saudi-Arabien lebt, wo sie ohne Schleier das Haus nicht verlassen darf.

Nicht nur religiöse Fanatiker hatten etwas dagegen, dass Frauen öffentlich demonstrieren, sondern normale Tunesier. Die Gleichberechtigung von Mann und Frau, die Ben Ali und auch seine Frau gesetzlich garantierten, schien einigen im nachrevolutionären Tunesien nicht mehr willkommen zu sein.

Das ägyptische Pendant zu Lina Mhenni ist Israa Abdel-Fattah…Die junge Bloggerin ist die Mitbegründerin der Bewegung „6. April“, die an der Seite von „Kahlid Said“ auf Facebook für eine große Mobilisierung der Demonstranten während der Revolution, aber lange davor verantwortlich war. Israa war eine der ersten Ägypterinnen, die Ende 2007 ein Facebook-Account einrichteten, kurz nachdem das soziale Netzwerk in Ägypten bekannt geworden war.

Als die Jasmin-Revolution Mitte Dezember 2010 in Tunesien ausbrach verfolgte Israa die Ereignisse  via Facebook und knüpfte Kontakte zu tunesischen Aufständischen. Am 25. Januar rief sie die Ägypter auf, nicht zu Hause zu bleiben, sondern in Scharen auf die Straße zu gehen. Sie wollte so viele wie möglich zum Tahrir-Platz mitnehmen, deshalb fing sie im Stadtteil Shubra an, in dem eine große koptische Gemeinde lebte.

Heute sitzt Israa als Mitglied der Jugendunion der Revolution mit den uniformierten Herren der Armee zusammen und verhandelt über die Zukunft Ägyptens. „Wir stehen kurz davor, unser Vertrauen in das militärische Etablissment zu verlieren. Wir verstehen viele Entscheidungen des Militärrates nicht, wir wissen immer noch nicht genau, was sie mit dem Land vorhaben“ sagt sie. „Unser Problem als Jugend, die diese Revolution zustande brachte, ist aber, dass wir nicht in der Lage sind, das Land zu führen. Uns fehlen die Expertise und all die Tricks. Deshalb müssen wir mit ihnen reden.

Die Revolution in Ägypten zeigte am 18. Tag ihr schreckliches Gesicht,

…das allerdings durch den Rücktritt von Mubarak überschattet wurde und kaum Beachtung fand. Während die Massen in Freudentaumel gerieten, stand die CBS-Korrespondentin Lara Logan umgeben von vielen jungen Männern. Logan schien überfordert und konnte kaum reden. Plötzlich rief einer aus der Masse „Sie ist eine Israelin.“ Ein anderer schrie: „Zieht ihr die Unterhose aus!“ Sie verlor den Kontakt zu ihrem Kameramann und dem Team.

Der  Rest ist eine einzige Tragödie, für die es keine Entschuldigung geben kann. Während Zehntausende laut schrien „Erhebe deinen Kopf, du bist Ägypter“, warfen Dutzende ägyptische Männer die südafrikanische Korrespondentin auf den Boden, rissen ihr die Kleidung vom Leib, begrabschten sie überall und vergingen sich an ihr.

Das Problem ist vielschichtig. Lara Logan ist eine Frau, eine westliche, blonde, unverschleierte Frau, die als Israelin bezeichnet wurde, eine vierfache Diskriminierung in einem Land, in dem nach wie vor eines dieser vier Attribute ausreicht, um diskreditiert zu werden. Tatsache ist, dass Fälle von sexuellen Belästigungen und Übergriffe auf Frauen in den Straßen, Verkehrsmitteln und öffentlichen Einrichtungen in Ägypten in den  vergangenen Jahren deutlich zugenommen habe.

Hamed Abdel-Samed, „Krieg oder Frieden Die arabische Revolution und die Zukunft des Westens“, 2011, Droemer Verlag, München

Die Stellung der Frau im Islam

Hamed Abdel-Samed beschreibt in seinem u.g. Buch über „Sex, Ehe und die Stellung der Frau: Was hat Mohamed wirklich verändert?“

Viele muslimische Theologen sind der Meinung, arabische Frauen in vorislamischer Zeit hätten gar keine Rechte gehabt. Erst Mohamed habe ihren Status verbessert und damit die Verhältnisse geradezu revolutioniert. So wird zum Beispiel behauptet, dass Frauen nicht erbberechtigt gewesen seien und nach dem Tod ihrer Männer wie Gegenstände an männliche Verwandte „vererbt“ worden seien. Mohamed soll das Erbrecht für Frauen eingeführt haben, so dass sie fortan die Hälfte dessen zugesprochen bekamen, was einem männlichen Erben zustand. Ebenfalls wird behauptet, dass Frauen in vorislamischer Zeit nicht das Recht gehabt hätten, bei der Wahl ihres Zukünftigen ein Wörtchen mitzureden. Erst mit dem Islam habe sich das geändert; seitdem gelte die Zustimmung der Frau als Voraussetzung für eine Eheschließung.

Doch Beispiele aus dem Leben Mohameds selbst belegen das Gegenteil. In seiner Biographie wird seine erste Frau Khadidscha als reiche Erbin beschrieben, die eine Zeitlang alleine lebte und als Witwe die Handelsgeschäfte ihres verstorbenen Mannes weiterführte. Und noch in vorislamischer Zeit wurde sie Mohameds Arbeitgeberin. Khadidscha hat sich ihren dritten Mann aktiv ausgesucht und sich mit ihrer Entscheidung auch gegen ihren Vater durchgesetzt.

Der zweite Beleg stammt sogar aus noch früherer Zeit und bezieht sich auf die Ehre von Mohameds Großvater Hashim mit einer Frau Yathrib. Diese hatte abgelehnt, ihrem Mann in seiner Heimatstadt Mekka zu folgen, und war bei ihrer Familie geblieben, an jenem Ort, an dem sie auch das gemeinsame Kind Abd al-Muttalib geboren hatte. Vor dem Islam hatten sowohl der Mann als auch die Frau das Recht, sich scheiden zu lassen. Mit dem Islam wurden die Rechte der Frauen beschnitten. Seitdem ist das Scheidungsrecht einzig dem Mann vorbehalten. Ein ähnlicher Rückschritt wurde bei der Sexualität vollzogen. Früher war es der Frau erlaubt, nicht nur Sex in der Ehe zu haben, sondern auch in einer unehelichen Beziehung. Mit dem Koran wurde dies unterbunden.

Kritiker dieser Sichtweise verweisen in diesem Zusammenhang gerne auf die vermeintlich altarabische Tradition des Ehrenmordes. Zwar gab es in vorislamischer Zeit Fälle, bei denen eine Frau wegen Ehebruchs getötet wurde. Doch dies waren Fälle, bei denen sich die Frau mit einem Mann aus einem fremden Stamm eingelassen hatte, was die Identität des eigenen Stammes gefährdete. Es war eher eine ökonomische als eine moralische Frage. Innerhalb des eigenen Stammes oder Clans war es keine Seltenheit, dass eine Frau Beziehungen zu mehreren Männern unterhielt. Es gab etliche Formen der Ehe und des Zusammenlebens in Altarabien, einer Zeit, in der sowohl Männer als auch Frauen ihre Sexualität so freizügig ausleben konnten wie seitdem nie wieder.

In dem Buch werden folgende weitere Themen dargestellt: Die reguläre Ehe, Ehe mit einer Kriegsgefangenen/Sklavin, Polygamie, Die Genussehe, Die Tauschehe, Die Leihvater-Ehe, Prostitution, Die Gewalt beginnt mit dem Wort.

Hamed Abdel-Samed, „Mohamed Eine Abrechnung, Oktober 2015, Droemer Verlag, München

Schwierigkeiten der arabischen Bewegung

Die Entwicklung und Entstehung Arabiens.

Die erste Schwierigkeit der arabischen Bewegung lag in der Feststellung, wer eigentlich „Araber“ war. Da sie ein zusammengewürfeltes Volk sind, hat ihr Name im Lauf der Jahre seinen Inhalt geändert. Einst bedeutete er „ein Arabischer“. Es gibt ein Land, das Arabien heißt; doch damit ist nichts gewonnen. Es gibt eine Sprache, das Arabische, und das führt uns zum Ziel. Sie ist die gemeinsame Umgangssprache in Syrien und Palästina, in Mesopotamien und auf der großen Halbinsel, die auf der Karte mit Arabien bezeichnet ist. Vor dem Sieg des Islam waren diese Gegenden von verschiedenen Völkern bewohnt, die Sprachen der arabischen Sprachgruppe gebrauchten. Wir nennen sie das Semitische, was (wie die meisten wissenschaftlichen Bezeichnungen) ungenau ist. Indessen waren das Arabische, Assyrische, Babylonische, Phönizische, Hebräische, Aramäische und Syrische doch verwandte Sprachen; und die Merkmale gemeinsamer Einflüsse in der Vorzeit oder sogar eines gemeinsamen Ursprungs wurden durch die Erkenntnis bestätigt, daß Sitten und Gebräuche der heute arabisch sprechenden Völker Asiens zwar bunt wie ein Mohnfeld sind, doch im wesentlichen übereinstimmen. Man kann sie mit vollem Recht Verwandte nennen

-wunderliche Verwandte, die voreinander auf der Hut sind.

Das arabischsprechende Gebiet Asiens stellt ein unregelmäßiges Parallelogramm dar. Seine Nordseite läuft von Alexandrette am Mittelmeer quer durch Mesopotamien ostwärts zum Tigris. Die Südseite bildet die Küste des Indischen Ozeans von Aden bis Maskat. Im Westen ist es begrenzt vom Mittelmeer, vom Suezkanal und dem Roten Meer bis Aden. Im Osten vom Tigris und dem Persischen Golf bis Maskat. Dieses Viereck, so groß wie Indien, bildet das Heimatland der Semiten, in dem keine fremde Rasse dauernd Fuß fassen konnte, obwohl Ägypter, Hettiter, Philister, Perser, Griechen, Römer, Türken und Franken es verschiedentlich versucht haben. Alle sind schließlich unterlegen; und ihre verstreuten Reste gingen bald in der semitischen Rasse mit ihren stark ausgeprägten Merkmalen auf.

Einige Male sind die Semiten über dieses Gebiet hinausgedrungen und selber in der Außenwelt untergegangen. Ägypten, Algier, Marokko, Malta, Sizilien, Spanien, Kilikien und Frankreich haben semitische Kolonien aufgesogen und vernichtet. Nur in Tripoli, in Afrika und in der erstaunlichen Erscheinung des Weltjudentums haben Teile der Semiten ihre Eigenart und Stärke behauptet.

Die[se] bewohnten Berggürtel und Ebenen umschließen ein dürres Wüstengebiet, in dessen Mitte ein Archipel wasser- und volkreicher Oasen liegt: Kasim und E’Riad. Diese Oasengruppen sind das eigentliche Herz Arabiens, das Gehege seines völkischen Geistes und einer selbstbewußten Eigenart…Die Wüsten um die Oasen, die ihnen diesen großen Dienst leistete und so den Charakter der Araber formte, ist landschaftlich nicht einheitlich.

Die Berggürtel im Westen und die Ebenen im Osten gehörten stets zu den volkreichsten und lebendigsten Gebieten Arabiens. Besonders Syrien und Palästina, Hedschas und Jemen griffen von Zeit zu Zeit in die Geschichte  des europäischen Lebens ein. In ihrer kulturellen Eigenart nach gehören diese fruchtbaren und gesunden Bergländer mehr zu Europa als zu Asien. Wenn überhaupt die Araber ihre Blicke stets auf das Mittelmeer und nicht auf den Indischen Ozean gerichtet hielten, sowohl für ihre kulturellen Bedürfnisse und wirtschaftlichen Unternehmungen, wie auch besonders für ihre Ausbreitung.

Die Wadis unterhalb von Mekka und Taif sind voll von Erinnerungen und Ortsnahmen einiger fünfzig Stämme, die von dort ausgezogen  sind und heute vielleicht im Nedschd, im Dschebel Schammar, im Hamad oder sogar an den Grenzen von Syrien und Mesopotamien zu finden sind. Dort begann die Wanderung, entstand das Nomadentum, entsprang der Golfstrom der Wüstenwanderer.

Die Semiten kennen keine Halbtöne in den Registern ihrer transzendalen Schau. Sie sind ein Volk der Grundfarben, oder vielmehr des Schwarz und Weiß, und sehen die Welt stets nur in Umrissen. Sie sind dogmengläubig und verabscheuen den Zweifel, die Dornenkrone unserer Zeit. Sie haben kein Verständnis für unsere metaphysischen Bedenken oder unserer grüblerischen Fragestellungen. Sie kennen nur Wahrheit und Unwahrheit, Glauben und Unglauben, ohne unsere zögernden Vorbehalte der feinen Abschattierungen.

Der Instinkt bestimmte ihre Überzeugungen, die Intuition ihr Handeln. Ihre Haupttätigkeit bestand in der Herstellung von Glaubensbekenntnissen; sie besaßen geradezu ein Monopol auf Offenbarungsbekenntnissen.

Das Christentum hat, nach seiner Übertragung in den Geist des Griechischen, Lateinischen und Germanischen, Europa und Amerika erobert. Der Islam hat in verschiedenen Abwandlungen Afrika und Teile von Asien unterworfen.

Der Wüstenbewohner konnte mit seinem Glauben nicht nach außen wirken. Seine Erlebnisarmut beraubte ihn des Mitleids und ließ seine menschliche Güte entarten zu dem Bilde der Wüstenei, in der er sich verbarg. So kam es, daß er sich kasteite, nicht um frei zu sein, sondern, um sich zu gefallen. Damit folgte ein Schwelgen in Schmerz, eine Grausamkeit, die ihm mehr bedeutete als alle irdischen Güter.

Ihr Geist war dunkel und seltsam, voller Höhen und Tiefen, der strengen Zucht entbehrend, aber glühender und fruchtbarer im Glauben als irgendein anderer auf der Welt. Sie waren ein Volk des ewigen Aufbruchs, für die das Abstrakte die stärkste Triebfeder war, der Anstoß zu unbegrenzter Kühnheit und Mannigfaltigkeit, und denen das Ende nichts bedeutet.

T.E. Lawrence, “ Die Sieben Säulen Der Weisheit“ „Lawrence von Arabien“,  Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin, 2. Auflage 2010

Warum Jerusalem?

Warum galt Jerusalem als Mittelpunkt der Welt?

Die Geschichte Jerusalems ist die Geschichte der Welt, zugleich aber die Chronik einer meist verarmten Provinzstadt im Bergland Judäas.

Die Stadt ist Brennpunkt der Auseinandersetzungen zwischen Abrahamitischen Religionen, das Heiligtum eines zunehmend populären christlichen, jüdischen und islamistischen Fundamentalismus, strategisches Schlachtfeld eines Kampfes der Kulturen, Frontlinie zwischen Atheismus und religiösem Glauben, Anziehungspunkt säkularer Faszination, Gegenstand schwindelerregender Verschwörungstheorien und Internetmythen und grell beleuchtete Bühne für die Kameras der Welt in einem Zeitalter der Rund-um-die Uhr-Nachrichtensendungen.

Jerusalem ist die Heilige Stadt, war zugleich aber schon immer ein Hort des Aberglaubens, der Scharlatanerie und Bigotterie; sie war begehrtes Eroberungsziel von Weltreichen, aber ohne strategischen Wert.

Hier wurden die Abrahamitischen Religionen geboren, und hier wird die Welt am Tag des Jüngsten Gerichts enden. Jerusalem, das den Völkern der Bibel heilig war, ist die Stadt der Bibel.

Als die Bibel ind Griechische und später ins Lateinische und in andere Sprachen übersetzt wurde, entwickelte sie sich zum Universalbuch und machte Jerusalem zur Universalstadt.

Der Historiker Ibn Khaldun, der im 14. Jahrhundert manche der in diesem Buch geschilderten Ereignisse selbst erlebte und uns als Quelle dient, stellte fest, dass Geschichte eifrig gefragt ist: „Die Menschen auf der Straße wollen sie kennen, Könige und Führer wetteifern um sie“. Das gilt besonders für Jerusalem.

Als Begegnungsstätte von Gott und Mensch ist Jerusalem der Ort, an dem diese Fragen der Apokalypse geklärt werden: am Ende aller Tage, an dem es einen Krieg, einen Kampf zwischen Christ und Antichrist geben wird; an dem die Kaaba von Mekka nach Jerusalem kommen wird; an dem das  Jüngsten Gericht stattfinden wird, die Toten auferstehen und die Herrschaft des Messias und des himmlischen Königsreichs, des neuen Jerusalem, beginnen wird.

Die Toten sind hier nahezu lebendig, während sie auf ihre Auferstehung warten. Der endlose Kampf Jerusalems – Massaker, Chaos, Kriege, Terrorismus, Belagerung und Katastrophen – hat diesen Ort zu einem Schlachtfeld gemacht.

Die Entwicklung, die dieses Heiligtum des Himmels und der Erde nahm, war nicht immer vom Schicksal bestimmt. Der Funke einer Offenbarung, die ein charismatischer Prophet wie Moses, Jesus oder Mohammed hatte, ließ Religionen entstehen. Tatkraft und Glück eines Kriegsherrn schufen Imperien und eroberten Städte. Die Entscheidung Einzelner, angefangen bei König David, machte Jerusalem zu Jerusalem.

Davids kleine Zitadelle, die Hauptstadt eines unbedeutenden Königreiches, hatte sicher nur geringe Aussichten, zu einem wichtigen Anziehungspunkt der Welt zu werden. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die Zerstörung Jerusalems durch Nebukadnezar eine tragende Stütze für die Heiligkeit der Stadt schuf, weil diese Katastrophe die Juden veranlasste, die Herrlichkeit Zions zu schildern und zu preisen… Die Bibel trat anstelle des jüdischen Staates und des Tempels und wurde  zum „portativen Vaterland“, wie Heinrich Heine es in seinen Geständnissen nannte.

Die Heiligkeit der Stadt erwuchs aus der Besonderheit der Juden als auserwähltem Volk. Jerusalem wurde zur auserwählten Stadt, Palästina zu auserwählten Land, und Christen und Muslime erbten und übernahmen diese herausgehobene Stellung.

Jerusalem trotzt gesundem Menschenverstand, praktischer Politik und Strategie und existiert im Reich heißer Leidenschaften und unbesiegbarer Emotionen, die der Vernunft nicht zugänglich sind.

Wichtige Stätten wie der Tempelberg, die Zitadelle, die Davidsstadt, der Berg Zion und die Grabkirche weisen keine klar unterscheidbare Schichtung auf, sondern ähneln eher einem Palimpset oder einer Stickerei, deren Seidenfäden so miteinander verflochten sind, dass man sie nicht mehr voneinander trennen kann.

So war der Berg Zion Ziel fanatischer Verehrung von Juden, Muslimen und Christen, zieht aber heute kaum noch muslimische oder jüdische Pilger an und ist wieder überwiegend ein christliches Heiligtum.

In Jerusalem gibt es nicht nur zwei Seiten, sondern viele miteinander verflochtene, sich überschneidende Kulturen und vielschichtige Loyalitäten – ein facettenreiches, wandelbares Kaleidoskop aus arabisch-orthodoxen Christen, arabischen Muslimen, sephardischen Juden, aschkenasischen Juden, Haredi-Juden verschiedener Richtungen, säkulare Juden, armenisch-orthodoxe Christen, Georgiern, Serben, Russen, Kopten, Protestanten, Äthiopiern, Lateinern und so weiter.

Simon Sebag Montefiore, “ Jerusalem Die Biographie“, 3. Auflage: März 2013, Fischer Verlag, Frankfurt

Militärischer Wert der Heiligen Stadt Jerusalem

Warum besetzten Muslime die Heilige Stadt Jerusalem?

Der militärische Wert der Heiligen Stadt – isoliert mitten in den Bergen Judäas – war begrenzt. Doch nach Jahrzehnten, in denen Nur ad-Din und Saladin ihre religiöse Bedeutung mittels Predigten und Propaganda nachdrücklich ins Bewusstsein gehoben hatten, war der Status Jerusalems als heiligster Ort des Islams außerhalb Arabiens fest verankert. In einem Krieg, der auf der Vorstellung des Dschihads aufbaute, musste Jerusalem das letzte Ziel sein. Saladin beorderte in weiser Voraussicht die ägyptische Flotte in den Norden, um Jaffa gegen einen christlichen Angriff zu verteidigen; die lateinischen Vorposten, die Judäa gegen Angriffe  aus dem Osten schützen sollten, waren schon besiegt; nun, am 20. September 1187, rückte das Heer Saladins gegen Jerusalem vor.

Der Termin für die offizielle Übergabe Jerusalems wurde sehr bewusst gewählt, denn auch damit sollte das Ansehen des Sultans als eines bewährten Vorkämpfers des Glaubens betont werden. Jahrhunderte zuvor war Mohammed nach seiner nächtlichen Reise am 2. Oktober vom Tempelberg aus zum Himmel aufgefahren. Saladin wählte im Jahre 1187 ebendieses Datum für seinen triumphalen Einzug in die Stadt und zog damit deutliche Parallelen zwischen seinem eigenen Leben und dem des Propheten. Danach setzten rasch die Umbauten und die Islamisierung ein. Viele christlichen Andachtsstätten und Kirchen wurden ihrer Schätze beraubt und geschlossen; einige wurden in Moscheen, madrasas (Schulen) oder Gebäude für religiöse Gemeinschaften verwandelt. Intensiv diskutiert wurde das Schicksal des Heiligen Grabes; einige plädierten dafür, es vollständig zu zerstören. Viele andere rieten zu weniger radikalem Vorgehen: Sie argumentierten, christliche Pilger würden die Stätte auf jeden Fall auch weiterhin aufsuchen und verehren, selbst wenn das Gebäude dem Erdboden gleichgemacht wäre, und sie erinnerten Saladin daran, dass Umar, der erste muslimische Eroberer Jerusalems, die Kirche ebenfalls nicht angerührt habe.

Thomas Asbridge, „Die Kreuzzüge“, 2010, Verlag Simon & Schuster UK Ltd, London

Politische und psychische Motive hinter Mohammeds Handeln

Hamed Abdel-Samed schildert in seinem Buch, „Mohamed Eine Abrechnung“ die politischen und psychischen Motive hinter Mohammeds Handeln.

Mohammed war ein Waisenkind, das nicht bei seiner Familie, sondern bei fremden Beduinen aufwuchs. Als er nach Mekka zurückkam, hütete er wie ein Sklave Schafe für seinen Stamm, bei dem er offenbar wenig angesehen war. Ihm fehlten nicht nur Liebe und Fürsorge der Eltern, sondern auch Vorbilder und Leitfiguren, die ihm Orientierung für sein Handeln hätten geben können. Die Rolle des Einzelkämpfers und Eremiten wurde ihm in gewisser Weise bereits in die Wiege gelegt. Später heiratete er eine reiche Witwe und wurde in ihrem Unternehmen ein erfolgreicher Karawanenführer. Als Händler lernte er die Rolle des Vermittlers kennen. Vor seiner „Sendung“ war er also gut situiert und glücklich verheiratet. Im Alter von vierzig Jahren geriet er plötzlich in eine Sinnkrise. Er zog sich immer mehr zurück, wanderte allein in der Wüste umher, meditierte in einer Höhle, hatte Visionen und behauptete, Steine würden zu ihm sprechen. Er litt unter Angstzuständen und trug sich mit Suizidgedanken.

Mohamed war süchtig nach Macht und Anerkennung. Diese suchte er nicht nur bei Frauen, sondern auch im Krieg. Allein in den letzten acht Jahren seines Lebens führte er über achtzig Kriege. Je mächtiger er wurde, desto getriebener war er von seiner Macht. Je mächtiger er wurde, desto getriebener war er von seiner Macht. Je mehr Feinde er ausschaltete, desto paranoider wurde er. Seine Anhänger in Medina kontrollierte der Prophet auf Schritt und Tritt. Er veränderte die gewohnten Alltagsstrukturen, griff in jedes Detail ein, versuchte alles zu beherrschen und zu regeln, selbst ihren Schlafrhythmus. Fünfmal am Tag versammelte er seine Anhänger zum Beten, um sich ihrer Treue zu versichern. Man könnte sogar sagen, er ließ sie antreten wie zu einer Militärparade. Er warnte sie vor dem Teufel, vor den Qualen der Hölle und entwarf Endzeitszenarien. Sünder wurden ausgepeitscht, Lästerer und Apostaten getötet. Was eine Sünde war, bestimmte er.

Die letzten Suren des Koran legten mit ihrer Kriegsverherrlichung und Verdammung der Ungläubigen die Saat der Intoleranz, die bis heute fatale Auswirkungen hat. Da der Koran als das ewige Wort Gottes gilt, das für alle Zeiten Gültigkeit hat, sehen vor allem Islamisten diese Kriegspassagen als Legitimation für ihren weltweiten Dschihad.

Hamed Abdel-Samed, „Mohamed Eine Abrechnung, Oktober 2015, Droemer Verlag, München

Konfrontation der westeuropäischen Franken mit Muslimen des östlichen Mittelmerraumes

Die Konfrontation im Rahmen der Kreuzzüge der westeuropäischen Franken mit den Muslimen des östlichen Mittelmeerraumes hatte zum Ziel das Heilige Land und die Stadt Jerusalem von den Muslimen zu befreien.

Nach muslimischer Tradition schlug die Geburtsstunde des Islam 610 n. Chr., als Mohammed – ein des Schreibens und Lesens unkundiger, 40-jähriger Araber aus Mekka (im heutigen Saudi-Arabien) – eine Reihe von „Offenbarungen“ von Allah (Gott) empfing, die ihm vom Erzengel Gabriel überbracht wurden. Diese „Offenbarungen“ wurden als heilige, unveränderliche Worte Gottes angesehen; in ihrer späteren schriftlichen Form wurden sie zum heiligen Buch, dem Koran. Mohammed brachte sein Leben damit zu, die polytheistischen Araber Mekkas und des umliegenden Hedschas (an der Westküste der Arabischen Halbinsel) zum monotheistischen Islam zu bekehren. Das war keine einfache Aufgabe. Im Jahre 622 war der Prophet gezwungen, in die nahegelegene Stadt Medina zu fliehen; diese Reise gilt als das Anfangsdatum für den muslimischen Kalender. Mohammed führte dann einen langen, blutigen Religionskrieg gegen Mekka und eroberte die Stadt schließlich kurz vor seinem Tod im Jahre 632.

Die von Mohammed begründete Religion – der Islam, was „Unterwerfung unter den Willen Gottes“ bedeutet – hat gemeinsame Wurzeln mit dem Judentum und dem Christentum. Der Prophet kam im Lauf seines Lebens in Arabien und im Byzantinischen Reich mit Anhängern dieser beiden Religionen in Kontakt, und seine „Offenbarungen“ wurden als Vollendung dieser älteren Religionen dargestellt. Aus diesem Grund erkannte Mohammed auch Moses, Abraham und sogar Jesus als Propheten an, und eine ganze Sure im Koran ist der Jungfrau Maria gewidmet.

Zu Lebzeiten Mohammeds und in den Jahren unmittelbar nach seinem Tod waren die kriegerischen Stämme der Arabischen Halbinsel unter dem Banner des Propheten vereint…

Um 635 ergossen sich Scharen hochmobiler berittener arabischer Stammesangehöriger über die gesamte Arabische Halbinsel. Bis zum Jahr 650 hatten sie enorme Erfolge errungen. Mit atemberaubender Geschwindigkeit wurden Palästina, Syrien, der Irak, Iran und Ägypten dem neuen arabisch-islamischen Staat einverleibt. Im folgenden Jahrhundert ließ das Eroberungstempo ein wenig nach, doch die Expansionsbewegung war nicht aufzuhalten: Bis zur Mitte des 8. Jahrhunderts erstreckte sich die muslimische Welt vom Indus und von den Grenzen Chinas im Osten über Nordafrika bis nach Spanien und Südfrankreich im Westen.

Der kritsche Punkt im Zusammenhang mit der Geschichte der Kreuzzüge war die Eroberung Jerusalems, das bis dahin zum Byzantinischen Reich gehört hatte. Diese uralte Stadt wurde von den Muslimen nach Mekka und Medina als drittheiligste Stätte des Islams verehrt, was am abrahamitischen Erbe des Islams lag, doch außerdem auf  der Überlieferung beruhte, dass Mohammed von Jerusalem aus bei seiner „nächtlichen Reise“ in den Himmel aufgestiegen sei; damit hing die Tradition zusammen, die Heilige Stadt als Ort des Endgerichtes anzusehen.

Früher wurde häufig die Auffassung vertreten, dass der Islam ganz Europa überschwemmt hätte, wenn die Muslime nicht zweimal bei ihren Versuchen aufgehalten worden wären, Konstantinopel einzunehmen (673 und 718), und wenn nicht der Franke Karl Martell, der Großvater Karls des Großen, die Mauren 732 bei Poitiers besiegt hätte. Diese Niederlagen spielten zwar eine wichtige Rolle, aber schon damals zeichnete sich eine fundamentale Schwäche innerhalb des Islams deutlich ab, die sein Wirken nachhaltig einschränkte: hartnäckige, verbitterte religiöse und politische Spaltung. Im Kern ging es um Kontroversen wegen der Rechtmäßigkeit der Kalifen, der Nachfolger Mohammeds, aber auch um die Interpretation seiner „Offenbarungen“.

Diese Probleme machten sich bereits im Jahre 661 bemerkbar, als die Linie der „recht geleiteten Kalifen“ mit dem Tod Alis (des Vetters und Schwiegersohn des Propheten) und dem Aufstieg einer rivalisierenden Dynastie, der Omajjaden, abgeschnitten wurde.

Thomas Asbridge, „Die Kreuzzüge“, 2010, Verlag Simon & Schuster UK Ltd, London

Wie „Zukunftsfähige Schule“ in Munster gestalten?

Die Ratssitzung des Stadtrates von Munster vom 1. September zeigte in der Debatte über den Antrag der SPD Fraktion Defizite in der logischen Argumentation. Es wurde von den Akteuren nicht der Nachweis erbracht, ob die Hanloh-Schule in der baulichen Substanz wirklich abgängig ist.

In der Debatte stehen drei Schulgebäude in drei Stadteilen zur Diskussion: Hanloh-Schule, Süllberg-Schule und Grundschule in Breloh, wobei unterschiedliche Züge in den jeweiligen Schulen unterrichtet werden. Auch die pädagogischen Ziele wurden in der Debatte nicht klar heraus gearbeitet. Zum Sprache kam allerdings die Vorstellung bzw. die Forderung nach einer „zukünftsfähigen Ganztagsschule.“

Die weitere Existenz der  Hanloh-Schule wird von der CDU-Fraktion ausgeschlossen. Die Hanloh-Schule soll sich baulich in einem schlechten Zustand befinden und soll den Schülerinnen und Schülern nicht mehr zuzumuten sein. Sie wurde in den 70ziger Jahren gebaut, und die Ratsfraktionen gehen davon aus, dass hier Asbest verbaut worden ist. Der Nachweis, dass dieser angenommene Tatbestand stimmt, wurde in der Ratssitzung nicht erbracht.

Allein die Annahme dieses Tatbestandes sollte zu einer Raumluftmessung führen, um der Gesundheit Willen der Schulkinder gerecht zu werden!

Ein akkreditiertes Institut sollte mit dieser Aufgabe zunächst beauftragt werden, um nachweisliche Daten als Grundlage für eine Bewertung der o.g. drei Schulgebäude zu gewinnen. Da alle o.g. Schulgebäude in Bausubstanz alt sind, sollte bei alle Schulen die Raumluftkonzentration von einem akkreditierten Institut nachgewiesen werden.

Erst wenn diese wissenschaftliche Datenbasis ermittelt, zusammengestellt und bewertet worden ist, kann es logischerweise zu einer fundierten Entscheidung kommen. Dieser Nachweis wurde in der Ratssitzung zumindest für Zuschauer nicht erbracht. Das ist ein grober Formfehler! Der Abwägungsvorgang ist fehlerhaft!

Weiterhin muss das Abwägungsmaterial beachtet werden: Bestehende Rechte, Belange (öffentlich und privat) sowie die Auswirkungen.

Erst wenn dieser o.g. Abwägungsprozess fehlerfrei nachgewiesen worden ist, kann der Stadtrat eine Entscheidung fehlerfrei herbei führen, ob eine „zukunftsfähige Schule“ in Munster hergestellt oder neugebaut werden muss. Hierbei muss eine Kostenabwägung nach den geltenden, haushälterischen Regel „Jährlichkeit, Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit“ stattfinden. Die Folgekosten sind zu beachten.

Es ist die Frage zu stellen: Wie sollte eine „zukunftsfähige Schule“ aussehen?

Dr. Otto Seydel von der DKJS Deutsche Kinder- und Jugendstiftung gGmbH aus Berlin hat 12 Thesen aufgestellt:

  1. Lernen braucht Ruhe, Licht und Luft
  2. Lernen benötigt unterschiedliche Perspektiven und aktive Zugänge
  3. Gelernt wird allein, zu zweit, in der Kleingruppe und im Klassenverband
  4. Förderung in einer inklusiven Schule geschieht in heterogenen Gruppen
  5. Ganztagsschule heißt Lernen, Toben, Verweilen, Reden, Essen und vieles mehr – in einem gesunden Rhythmus
  6. Lehrer arbeiten nicht als „Einzelkämpfer“, sondern im Team
  7. Schulbuch und Kreidetafel werden ergänzt durch Tablet-PC und Smartboard
  8. Kulturelles Lernen ist der Eckstein der Bildung
  9. Kinder und Jugendliche brauchen eine gesunde Umgebung
  10. Schule ist im Umgang mit Umwelt und Technik ein Vorbild
  11. Der demokratische Staat benötigt eine demokratische Schule
  12. Die Schule öffnet sich zur Stadt. Die Stadt öffnet sich zur Schule.

12 Thesen zum Bau einer „zukunftsfähigen“ Schule

Fazit:

Die „Ideallösung“ für den Schulbau gibt es nicht. Ein „alter“ Schulbau kann modernen Unterricht ausgesprochen erschweren, oft sogar verhindern. Ein „guter Schulbau“ wird nie abgeschlossen sein können.

Daher sollten wir uns vor Prognosen der sogenannten Experten hüten; Prognosen sind meistens falsch. Insbesondere sollten wir uns vor Prognosen hüten, die über 30 Jahren gehen; sie sind erst recht falsch. Das Wetter kann relativ zuverlässig für drei Tage vorher gesagt werden. Ähnlich ist es mit sozialen Systemen. Soziale Systeme und auch pädagogische entwickeln sich.

Daher rate ich zu einer Planung, die flexibel auf die jeweiligen ökonomischen und bildungspolitischen Erfordernissen angepasst werden kann.