Warum Jerusalem?

Warum galt Jerusalem als Mittelpunkt der Welt?

Die Geschichte Jerusalems ist die Geschichte der Welt, zugleich aber die Chronik einer meist verarmten Provinzstadt im Bergland Judäas.

Die Stadt ist Brennpunkt der Auseinandersetzungen zwischen Abrahamitischen Religionen, das Heiligtum eines zunehmend populären christlichen, jüdischen und islamistischen Fundamentalismus, strategisches Schlachtfeld eines Kampfes der Kulturen, Frontlinie zwischen Atheismus und religiösem Glauben, Anziehungspunkt säkularer Faszination, Gegenstand schwindelerregender Verschwörungstheorien und Internetmythen und grell beleuchtete Bühne für die Kameras der Welt in einem Zeitalter der Rund-um-die Uhr-Nachrichtensendungen.

Jerusalem ist die Heilige Stadt, war zugleich aber schon immer ein Hort des Aberglaubens, der Scharlatanerie und Bigotterie; sie war begehrtes Eroberungsziel von Weltreichen, aber ohne strategischen Wert.

Hier wurden die Abrahamitischen Religionen geboren, und hier wird die Welt am Tag des Jüngsten Gerichts enden. Jerusalem, das den Völkern der Bibel heilig war, ist die Stadt der Bibel.

Als die Bibel ind Griechische und später ins Lateinische und in andere Sprachen übersetzt wurde, entwickelte sie sich zum Universalbuch und machte Jerusalem zur Universalstadt.

Der Historiker Ibn Khaldun, der im 14. Jahrhundert manche der in diesem Buch geschilderten Ereignisse selbst erlebte und uns als Quelle dient, stellte fest, dass Geschichte eifrig gefragt ist: „Die Menschen auf der Straße wollen sie kennen, Könige und Führer wetteifern um sie“. Das gilt besonders für Jerusalem.

Als Begegnungsstätte von Gott und Mensch ist Jerusalem der Ort, an dem diese Fragen der Apokalypse geklärt werden: am Ende aller Tage, an dem es einen Krieg, einen Kampf zwischen Christ und Antichrist geben wird; an dem die Kaaba von Mekka nach Jerusalem kommen wird; an dem das  Jüngsten Gericht stattfinden wird, die Toten auferstehen und die Herrschaft des Messias und des himmlischen Königsreichs, des neuen Jerusalem, beginnen wird.

Die Toten sind hier nahezu lebendig, während sie auf ihre Auferstehung warten. Der endlose Kampf Jerusalems – Massaker, Chaos, Kriege, Terrorismus, Belagerung und Katastrophen – hat diesen Ort zu einem Schlachtfeld gemacht.

Die Entwicklung, die dieses Heiligtum des Himmels und der Erde nahm, war nicht immer vom Schicksal bestimmt. Der Funke einer Offenbarung, die ein charismatischer Prophet wie Moses, Jesus oder Mohammed hatte, ließ Religionen entstehen. Tatkraft und Glück eines Kriegsherrn schufen Imperien und eroberten Städte. Die Entscheidung Einzelner, angefangen bei König David, machte Jerusalem zu Jerusalem.

Davids kleine Zitadelle, die Hauptstadt eines unbedeutenden Königreiches, hatte sicher nur geringe Aussichten, zu einem wichtigen Anziehungspunkt der Welt zu werden. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass die Zerstörung Jerusalems durch Nebukadnezar eine tragende Stütze für die Heiligkeit der Stadt schuf, weil diese Katastrophe die Juden veranlasste, die Herrlichkeit Zions zu schildern und zu preisen… Die Bibel trat anstelle des jüdischen Staates und des Tempels und wurde  zum „portativen Vaterland“, wie Heinrich Heine es in seinen Geständnissen nannte.

Die Heiligkeit der Stadt erwuchs aus der Besonderheit der Juden als auserwähltem Volk. Jerusalem wurde zur auserwählten Stadt, Palästina zu auserwählten Land, und Christen und Muslime erbten und übernahmen diese herausgehobene Stellung.

Jerusalem trotzt gesundem Menschenverstand, praktischer Politik und Strategie und existiert im Reich heißer Leidenschaften und unbesiegbarer Emotionen, die der Vernunft nicht zugänglich sind.

Wichtige Stätten wie der Tempelberg, die Zitadelle, die Davidsstadt, der Berg Zion und die Grabkirche weisen keine klar unterscheidbare Schichtung auf, sondern ähneln eher einem Palimpset oder einer Stickerei, deren Seidenfäden so miteinander verflochten sind, dass man sie nicht mehr voneinander trennen kann.

So war der Berg Zion Ziel fanatischer Verehrung von Juden, Muslimen und Christen, zieht aber heute kaum noch muslimische oder jüdische Pilger an und ist wieder überwiegend ein christliches Heiligtum.

In Jerusalem gibt es nicht nur zwei Seiten, sondern viele miteinander verflochtene, sich überschneidende Kulturen und vielschichtige Loyalitäten – ein facettenreiches, wandelbares Kaleidoskop aus arabisch-orthodoxen Christen, arabischen Muslimen, sephardischen Juden, aschkenasischen Juden, Haredi-Juden verschiedener Richtungen, säkulare Juden, armenisch-orthodoxe Christen, Georgiern, Serben, Russen, Kopten, Protestanten, Äthiopiern, Lateinern und so weiter.

Simon Sebag Montefiore, “ Jerusalem Die Biographie“, 3. Auflage: März 2013, Fischer Verlag, Frankfurt

Politische und psychische Motive hinter Mohammeds Handeln

Hamed Abdel-Samed schildert in seinem Buch, „Mohamed Eine Abrechnung“ die politischen und psychischen Motive hinter Mohammeds Handeln.

Mohammed war ein Waisenkind, das nicht bei seiner Familie, sondern bei fremden Beduinen aufwuchs. Als er nach Mekka zurückkam, hütete er wie ein Sklave Schafe für seinen Stamm, bei dem er offenbar wenig angesehen war. Ihm fehlten nicht nur Liebe und Fürsorge der Eltern, sondern auch Vorbilder und Leitfiguren, die ihm Orientierung für sein Handeln hätten geben können. Die Rolle des Einzelkämpfers und Eremiten wurde ihm in gewisser Weise bereits in die Wiege gelegt. Später heiratete er eine reiche Witwe und wurde in ihrem Unternehmen ein erfolgreicher Karawanenführer. Als Händler lernte er die Rolle des Vermittlers kennen. Vor seiner „Sendung“ war er also gut situiert und glücklich verheiratet. Im Alter von vierzig Jahren geriet er plötzlich in eine Sinnkrise. Er zog sich immer mehr zurück, wanderte allein in der Wüste umher, meditierte in einer Höhle, hatte Visionen und behauptete, Steine würden zu ihm sprechen. Er litt unter Angstzuständen und trug sich mit Suizidgedanken.

Mohamed war süchtig nach Macht und Anerkennung. Diese suchte er nicht nur bei Frauen, sondern auch im Krieg. Allein in den letzten acht Jahren seines Lebens führte er über achtzig Kriege. Je mächtiger er wurde, desto getriebener war er von seiner Macht. Je mächtiger er wurde, desto getriebener war er von seiner Macht. Je mehr Feinde er ausschaltete, desto paranoider wurde er. Seine Anhänger in Medina kontrollierte der Prophet auf Schritt und Tritt. Er veränderte die gewohnten Alltagsstrukturen, griff in jedes Detail ein, versuchte alles zu beherrschen und zu regeln, selbst ihren Schlafrhythmus. Fünfmal am Tag versammelte er seine Anhänger zum Beten, um sich ihrer Treue zu versichern. Man könnte sogar sagen, er ließ sie antreten wie zu einer Militärparade. Er warnte sie vor dem Teufel, vor den Qualen der Hölle und entwarf Endzeitszenarien. Sünder wurden ausgepeitscht, Lästerer und Apostaten getötet. Was eine Sünde war, bestimmte er.

Die letzten Suren des Koran legten mit ihrer Kriegsverherrlichung und Verdammung der Ungläubigen die Saat der Intoleranz, die bis heute fatale Auswirkungen hat. Da der Koran als das ewige Wort Gottes gilt, das für alle Zeiten Gültigkeit hat, sehen vor allem Islamisten diese Kriegspassagen als Legitimation für ihren weltweiten Dschihad.

Hamed Abdel-Samed, „Mohamed Eine Abrechnung, Oktober 2015, Droemer Verlag, München

Konfrontation der westeuropäischen Franken mit Muslimen des östlichen Mittelmerraumes

Die Konfrontation im Rahmen der Kreuzzüge der westeuropäischen Franken mit den Muslimen des östlichen Mittelmeerraumes hatte zum Ziel das Heilige Land und die Stadt Jerusalem von den Muslimen zu befreien.

Nach muslimischer Tradition schlug die Geburtsstunde des Islam 610 n. Chr., als Mohammed – ein des Schreibens und Lesens unkundiger, 40-jähriger Araber aus Mekka (im heutigen Saudi-Arabien) – eine Reihe von „Offenbarungen“ von Allah (Gott) empfing, die ihm vom Erzengel Gabriel überbracht wurden. Diese „Offenbarungen“ wurden als heilige, unveränderliche Worte Gottes angesehen; in ihrer späteren schriftlichen Form wurden sie zum heiligen Buch, dem Koran. Mohammed brachte sein Leben damit zu, die polytheistischen Araber Mekkas und des umliegenden Hedschas (an der Westküste der Arabischen Halbinsel) zum monotheistischen Islam zu bekehren. Das war keine einfache Aufgabe. Im Jahre 622 war der Prophet gezwungen, in die nahegelegene Stadt Medina zu fliehen; diese Reise gilt als das Anfangsdatum für den muslimischen Kalender. Mohammed führte dann einen langen, blutigen Religionskrieg gegen Mekka und eroberte die Stadt schließlich kurz vor seinem Tod im Jahre 632.

Die von Mohammed begründete Religion – der Islam, was „Unterwerfung unter den Willen Gottes“ bedeutet – hat gemeinsame Wurzeln mit dem Judentum und dem Christentum. Der Prophet kam im Lauf seines Lebens in Arabien und im Byzantinischen Reich mit Anhängern dieser beiden Religionen in Kontakt, und seine „Offenbarungen“ wurden als Vollendung dieser älteren Religionen dargestellt. Aus diesem Grund erkannte Mohammed auch Moses, Abraham und sogar Jesus als Propheten an, und eine ganze Sure im Koran ist der Jungfrau Maria gewidmet.

Zu Lebzeiten Mohammeds und in den Jahren unmittelbar nach seinem Tod waren die kriegerischen Stämme der Arabischen Halbinsel unter dem Banner des Propheten vereint…

Um 635 ergossen sich Scharen hochmobiler berittener arabischer Stammesangehöriger über die gesamte Arabische Halbinsel. Bis zum Jahr 650 hatten sie enorme Erfolge errungen. Mit atemberaubender Geschwindigkeit wurden Palästina, Syrien, der Irak, Iran und Ägypten dem neuen arabisch-islamischen Staat einverleibt. Im folgenden Jahrhundert ließ das Eroberungstempo ein wenig nach, doch die Expansionsbewegung war nicht aufzuhalten: Bis zur Mitte des 8. Jahrhunderts erstreckte sich die muslimische Welt vom Indus und von den Grenzen Chinas im Osten über Nordafrika bis nach Spanien und Südfrankreich im Westen.

Der kritsche Punkt im Zusammenhang mit der Geschichte der Kreuzzüge war die Eroberung Jerusalems, das bis dahin zum Byzantinischen Reich gehört hatte. Diese uralte Stadt wurde von den Muslimen nach Mekka und Medina als drittheiligste Stätte des Islams verehrt, was am abrahamitischen Erbe des Islams lag, doch außerdem auf  der Überlieferung beruhte, dass Mohammed von Jerusalem aus bei seiner „nächtlichen Reise“ in den Himmel aufgestiegen sei; damit hing die Tradition zusammen, die Heilige Stadt als Ort des Endgerichtes anzusehen.

Früher wurde häufig die Auffassung vertreten, dass der Islam ganz Europa überschwemmt hätte, wenn die Muslime nicht zweimal bei ihren Versuchen aufgehalten worden wären, Konstantinopel einzunehmen (673 und 718), und wenn nicht der Franke Karl Martell, der Großvater Karls des Großen, die Mauren 732 bei Poitiers besiegt hätte. Diese Niederlagen spielten zwar eine wichtige Rolle, aber schon damals zeichnete sich eine fundamentale Schwäche innerhalb des Islams deutlich ab, die sein Wirken nachhaltig einschränkte: hartnäckige, verbitterte religiöse und politische Spaltung. Im Kern ging es um Kontroversen wegen der Rechtmäßigkeit der Kalifen, der Nachfolger Mohammeds, aber auch um die Interpretation seiner „Offenbarungen“.

Diese Probleme machten sich bereits im Jahre 661 bemerkbar, als die Linie der „recht geleiteten Kalifen“ mit dem Tod Alis (des Vetters und Schwiegersohn des Propheten) und dem Aufstieg einer rivalisierenden Dynastie, der Omajjaden, abgeschnitten wurde.

Thomas Asbridge, „Die Kreuzzüge“, 2010, Verlag Simon & Schuster UK Ltd, London

Ideen des arabischen Nationalismus und Islamismus

Was sind die Grundsätze des arabischen Nationalismus?

Die Grundsätze des arabischen Nationalismus haben überwiegend säkularen Charakter: Gefordert wird die Trennung der geistigen von der weltlichen Autorität; die Regierung der muslimischen arabischen Staaten soll in der Hand politischer, nicht religiöser Führer liegen. Die Kreuzzüge in ihrer Eigenschaft als Religionskriege sind für die Führerpersönlichkeiten aus dem Kreis der arabischen Nationalisten daher kaum von Interesse, viel wichtiger ist die Vorstellung, dass einer auswärtigen imperialistischen Macht die Stirn geboten wird; außerdem schlachten sie das Propagandapotential aus, das der Vergleich zwischen der eigenen Vita und den Leistungen Saladins bietet. Gamal Abdel Nasser, der Premierminister (und spätere Präsident) Ägyptens zwischen 1954 und 1970, war einer der ersten Vertreter des arabischen Nationalismus. Er verkündete, dass die Gründung des Staates Israel „eine Neuauflage der Kreuzzüge“ darstelle, entstanden aus dem „Pakt zwischen Imperialismus und Zionismus“. Nasser zog auch immer wieder Vergleiche zwischen seiner Person und Saladin.

Was sind die Grundsätze des Islamismus?

Der Islamismus ist als Ideologie das genaue Gegenteil des arabischen Nationalismus; er vertritt die Forderung, dass die Theokratie die für den Islam angemessene Regierungsform ist. Die Islamisten sind jedoch, wenn überhaupt möglich ist, noch streitbarer in ihren Versuchen, angebliche Bezüge zwischen mittelalterlichen Kreuzzügen und der modernen Welt aufzudecken. Die islamistische Propaganda stellt gemäß ihrer religiösen Grundausrichtung die Kreuzzüge als aggressive Religionskriege dar, die gegen den Dar al-Islam (das Territorium des Islam) geführt werden und auf die es nur eine Antwort geben kann: den gewaltsamen militärischen Dschihad. Einer der einflussreichsten islamistischen Ideologen, Sayyid Qutb (er wurde 1966 in Ägypten wegen Hochverrats hingerichtet), beschrieb den westlichen Imperialismus als eine „Maske, hinter der sich der Geist der Kreuzfahrer verbirgt“, und stellte fest, dass „die Seele der Kreuzfahrer im Blut sämtlicher Abendländer weiterlebt“. Außerdem, so Sayyid Qutb, stehe hinter den Übergriffen des Westens auf die Levante eine Verschwörung des „internationalen Kreuzzugwesens“; als Beweis zitierte er Allenbys angebliche Erwähnung der mittelalterlichen Kreuzzüge.

Qutbs Ideen haben zahlreiche radikale islamistische Organisationen beeinflusst, von der Hamas bis zur Hisbolla. Im 21. Jahrhundert jedoch sind die gefährlichsten Vertreter dieser besonderen Art des Extremismus Osama bin Laden und sein enger Vertrauter Aiman az-Zawahiri – die beiden wichtigsten Stimmen des Terroristennetzwerkes al-Qaida.

Eines der wichtigsten positiven Resultate der Überfälle auf New York und Washington D.C. war die Tatsache, dass die wahre Natur des Konflikts zwischen den Kreuzfahrern und den Muslimen offenbar wurde. [sowie] das Ausmaß des Hasses, das die Kreuzfahrer uns entgegenbringen. Dann, im März 2003, nach der von den USA angeführten Invasion im Irak, fügte Osama bin Laden hinzu: „Der aktuelle Feldzug der Zionisten und Kreuzfahrer gegen den Islam ist so gefährlich und wütend wie nie zuvor [… Um zu lernen], wie wir diesen feindlichen, von außen kommenden Streitkräften Widerstand leisten können, müssen wir uns an den früheren Kreuzzugskriegen gegen unsere Länder orientieren.“ Diese irreführende, in manipulativen Umgang mit der Geschichte wurzelnde Hetzrhetorik hat seither nur unwesentlich nachgelassen.

Thomas Asbridge, „Die Kreuzzüge“, 2010, Verlag Simon & Schuster UK Ltd, London

Der Kreuzzugsgedanke von Papst Urban II

Wie kam es zu den Kreuzzügen? Was sind die Ursachen? Was war die Motivation von Papst Urban II?

 

An einem Vormittag im späten November des Jahres 1095 hielt Papst Urban II. eine Predigt, die der Geschichte Europas eine ganz neue Richtung geben sollte.

Urban erklärte, das Christentum sei in äußerster Gefahr und werde von Invasionen und entsetzlicher Unterdrückung bedroht.

Die Heilige Stadt Jerusalem befand sich nun in der Hand von Muslimen – „einem Volk […], das Gott fremd ist“ und das für seinen Hang zu ritueller Folter und unsäglichen Schändlichkeiten bekannt war.

Er rief das lateinische Europa auf, sich gegen diesen angeblich grausamen Feind als „Soldaten Christi“ zu erheben, das Heilige Land zurückzugewinnen und die Christen des Ostens aus der „Knechtschaft“ zu befreien.

Urban II. war ungefähr 60 Jahre alt, als er im Jahr 1095 zum ersten Kreuzzug aufrief. Er entstammte einer nordfranzösichen Adelsfamilie, war zuvor Mönch in Cluny gewesen und wurde 1088 zum Papst gewählt, in einer Zeit, als das Papsttum sich aufgrund eines schon lang andauernden Machtkampf mit dem deutschen König in einer schweren Krise befand.

Urbans Position war so prekär, dass er sechs Jahre brauchte, um die Kontrolle über den Lateranpalast in Rom, den traditionellen Sitz der päpstlichen Autorität, zurückzugewinnen.

Durch behutsame Diplomatie und nicht mehr aggressive, sondern maßvolle Reformpolitik konnte er der neue Papst ein allmähliches Wiedererstarken von Ruf und Einfluss seines Amtes bewirken.

Vor diesem Hintergrund entstand die Idee zum ersten Kreuzzug.  Hinzu kam die Bitte des griechischen christlichen Kaiser Alexios I. Komenos: Er bat um militärische Unterstützung bei der Verteidigung seiner Reichsgrenzen, weil er sich u.a. von den muslimischen Türken aus Kleinasien und zahlreichen anderen Feinden bedroht fühlte.

Urban trug sich offenbar mit Ideen, die mit der Bitte des griechischen Kaisers in Einklang zu bringen waren: Er wollte eine bewaffnete Pilgerreise -Kreuzzug- in den Orient durchführen.

Urban erkannte, dass man mit dieser Idee eines Feldzuges mit dem Ziel, Byzanz zu Hilfe zu kommen, nicht nur das Christentum im Osten verteidigen und die Beziehungen zur griechischen Kirche verbessern, sondern auch Roms Autorität unterstreichen und ausweiten sowie die destruktive Streitlust der Christen des lateinischen Westens in geregelte, nützliche Bahnen lenken konnte.

Wohl stand Jerusalem unter muslimischer Herrschaft, aber das war schon seit dem 7. Jahrhundert der Fall.

Und so ernsthaft Byzanz durch angriffslustige Türken bedroht sein mochte, so wenig sah sich die Christenheit im Westen kurz vor einer Invasion oder gar Vernichtung durch den Islam.

Die mittelalterlichen Realitäten waren: von beiden Seiten ausgehenden Gewalt, Diplomatie und der Handel,  Feindschaft und Kooperation

Thomas Asbridge, „Die Kreuzzüge“, 2010, Verlag Simon & Schuster UK Ltd, London

Terroranschläge und Konjunkturprogramm für Rechtspopulisten

Der CSU-Chef Horst Seehofer sagte: „Zuversicht und ein Bekenntnis zur Friedfertigkeit“ könnten den inneren Frieden im Land nicht herstellen, „Besonnenheit“ ersetze Handeln nicht.

Der „Bayernkurier“ macht  indirekt die Kanzlerin Angela Merkel für die Terroranschläge mitverantwortlich. Der Redakteur Andreas Delhaes-Guenther hebt hervor: „Deutlich wird vor allem, welchen Sicherheitsrisiken uns die Kanzlerin mit ihren offenen Grenzen und Armen ausgeliefert hat.“

Horst Seehofer macht keinen Hehl daraus, welche Konsequenzen er und seine CSU nach der Gewaltserie in Bayern für unabdingbar halten: „Prävention und Repression“, mehr Polizei, weniger Flüchtlinge, eine drastische Reduzierung der illegalen Zuwanderung statt grenzenloser Willkommenskultur, eine Aberkennung des Flüchtlingsstatus schon nach geringen Straftaten.

Der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach ergänzte: Eine zweifelsfrei geklärte Identität und Nationalität seien nicht nur für die Prüfung des Anerkennungsverfahrens als Asylbewerber, sondern im Zweifel auch für eine sichere Abschiebung und vor allem für die Gefahrenabwehr unabdingbar. „In der Realität ist es aber so, dass rund 70 Prozent der Flüchtlinge ohne Papiere einreisen. Das muss sich dringend ändern.“

FAZ/Oliver Georgi/27.07.2016:

Merkels Flüchtlingspolitik – ein Sicherheitsrisiko?

Kooperation von Polizei und Bundeswehr im Innern prüfen!

Bei Großschadenslagen kann gemäß Artikel 35 des Grundgesetzes die Bundeswehr als Unterstützung der Sicherheitskräfte im Innern eingesetzt werden.

Nach dem Anschlag von München ist eine ernsthafte, sachliche Diskussion über eine mögliche Kooperation von Bundeswehr und Polizei im Inneren zu führen.

Deutschlandradio Kultur/Innere Sicherheit/23.07.2016: „Wir sollten nicht dogmatisch daran festhalten, dass Bundeswehr und innere Sicherheitsorgane so getrennt von einander arbeiten, das ist auf die Dauer nicht gut.“ Diese Regelung gehe auf Erfahrungen aus den 1920er und 30er- Jahre zurück. Diese seien aber vorbei. „Ich würde raten das man das Verhältnis dieser Sicherheitskräfte und die Möglichkeiten der Kooperation doch sehr viel gelassener einmal abwägt und überlegt, was könnte man dort verbessern.“ sagte Joachim Krause, Professor für internationale Politik und Direktor des Instituts für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel

Defizite im deutschen Sicherheitssystem?

 

 

Bundeswehr im Innern als Unterstützung der Polizei bei Terroranschlag

Die große Koalition hat sich kürzlich richtigerweise darauf verständigt, dass bei drohenden und aktiven Terroranschlägen u.a. nach dem Muster „Frankreich und Belgien“ die Bundeswehr als Unterstützung der Polizei gemäß Artikel 35 Grundgesetz eingesetzt werden kann.

ZEIT-ONLINE/9. Juli 2016:

Bundeswehr bereitet sich sich auf Einsatz im Innern vor

Internationale Terrorismusabwehr durch Sicherheitskräfte Deutschlands

Regierungshandeln bedeutet auch Gewaltandrohung, Sanktionen und Bundeswehreinsätze im In- und Ausland durchführen.

Problematisch sind die sogenannten „failed states“. Sie bringen das weltweite Wirtschaftssystem ins Wanken. Insbesondere im „Größeren Mittlere Osten[1]“ finden politische Umbruchprozesse statt, die fast nicht mehr kontrollierbar sind. Diese Umbruchprozesse bedrohen einerseits unsere Energieversorgung und andererseits durch Migration in die Industrieländer unsere Bevölkerungsstruktur und damit auch unser Wirtschaftsystem. Frontex wurde eingerichtet, um diese Migrationströme zu kontrollieren, sodass es nicht zu einem Kollaps unseres politischen und wirtschaftlichen Systems kommt.

Diese Aufgabe ist eine Herausforderung für die Europäer und Amerikaner. Es geht hier u.a. um

  • den freien Öl- und Gaszufluss aus der Golfregion,
  • die Bekämpfung des Internationalen Terrorismus und dessen Sponsoren,
  • die Eindämmung des islamischen Fundamentalismus zur Verhinderung der Kontrolle über die Region,
  • die Verhinderung der Proliferation der Massenvernichtungswaffen und um
  • das Iranische Atomwaffenprogramm.

Es geht aber auch, um sogenannte Klimakriege: Das sind die asymetrischen Kriege des 21. Jahrhunderts. Sogenannte „low-intensity-wars“ werden um Trinkwasser und Rohstoffe geführt. Es werden aber auch Gaspipelinesysteme angegriffen. Hier entstehen Dauerkriege und eine Gewaltökonomie. Beispiele hierfür sind der Sudan und Darfur.

Es werden fünf verschiedene Akteure unterschieden:

  • regionale Streitkräfte,
  • paramilitärische Gruppen,
  • Selbstverteidigunseinheiten,
  • Private Dienstleister und
  • Externe Streitkräfte.

Diese Entwicklung stört nachhaltig die Struktur unserer Zivilgesellschaft, die Märkte, Wirtschaftsysteme, Finanzsysteme sowie die Energiesicherheit.

Eine weitere wesentliche Bedrohung ist die Proliferation von Massenvernichtungsmittel (MVM). Wie können wir uns vor dieser Bedrohung schützen? Für die Gefahrenabwehr im Innern stehen uns Polizeikräfte zur Verfügung. Für die Verteidigung nach Außen hat Deutschland 1956 die Bundeswehr aufgestellt. In den Artikeln 87b und 115 ist der Auftrag unserer Streitkräfte vom Gesetzgeber geregelt worden.

Wie stellt sich nun die Überlebensfähigkeit[2] unserer Streitkräfte unter der Bedrohung eines gegnerischen Einsatzes dar durch

  • atomare, biologische und chemische Waffen,
  • Einsatz ballistischer Raketen, Marschflugkörper und Kampfdrohnen (UAV),
  • Angriffe durch Terroristen,
  • elektronische Angriffe?

Damit ergeben sich folgende Fragen:

  • Welche Systeme sind vorhanden, um das Angriffsspektrum festzustellen?
  • Sind „taktische“ Abwehr-Raketen (Land/See) für Bedrohungen von Marschflugkörpern ausgelegt und leicht verlegbar (Lufttransport)?
  • Welche Investitionen sind notwendig, um die Kommunikations-Systeme gegen elektronische Angriffe zu immunisieren?

Gemäß Konzept zur Erweiterten Luftverteidigung[3] (ELV) wurden Defizite festgestellt. Unter dem Punkt „Passive Luftverteidigung“ heißt es:

„Maßnahmen der passiven Luftverteidigung (z.B. Härtung, Auflockerung, Tarnung, Täuschung) können lediglich die Wirkung gegnerischer Luftangriffsmittel mindern. Da ein ausreichender Schutz von Personal und Material vor der Luftbedrohung daher gewährleistet werden kann, haben diese Maßnahmen ausschließlich ergänzenden Charakter. Dies schließt Schutzmaßnahmen gegen die Wirkung von Massenvernichtungswaffen (MVW) ein. Dazu sind zeitgerechte Frühwarninformationen zur Auslösung von Schutzmaßnahmen auch in Zusammenarbeit mit zivilen Stellen erforderlich.“

„Qualitative und/oder quantitative Defizite im Bereich der Streitkräfte bestehen derzeitig u.a.:

  • im unzureichenden Schutz gegen die Bedrohung im elektromagnetischen Spektrum bzw. durch Informationsoperationen,
  • in der unzureichenden Einsatzwirksamkeit gegen Tactical Ballistic Missile (TBM) bis 1000 km, einschließlich einer wirksamen Zerstörungsfähigkeit besonders gegen Gefechtsköpfe mit MVW,
  • in der nationalen Gewinnung/Bereitstellung von Frühwarninformationen,
  • in der Befähigung zur abstandsfähigen Detektion und Bestimmung von B/C-Kampfstoffen.“

Im Rahmen von Strukturanpassungen der Sicherheitssysteme an mögliche Zukunftsaufgaben (Abwehr von Cyberkrieg, Terrorismusabwehr und sogenannte „hybride Kriege“) der Polizei, Bundeswehr und Katastrophenschutz ist ein modernes Sicherheitskonzept Deutschlands erforderlich.

Bei Großschadenslagen und Katastrophen können Einsätze der Bundeswehr im Innern im Wesentlichen auf der Grundlage des Artikel 35 Absatz 1 (Amtshilfe) sowie Absatz 2 (Naturkatastrophen) des Grundgesetzes durchgeführt werden.

 

[1] Nordafrika, östliches Mittelmeer, Türkei, Kaukasus, Kaspische Region, Zentralasien (u.a. Afghanistan), Iran, Irak, Golfregion

[2] Die Fähigkeit, Streitkräfte und Infrastruktur gegen derzeitige und zukünftige Bedrohungen zu schützen; dazu gehört vor allem der Schutz gegen ABC-Waffen und eine (sog.) Taktische Raketenabwehr (Tactical Ballistic Missile = TBM) [Defense Capabilities Initiative (DCI)]

[3] 16. Mai 2001

Patriotismus – was ist das?

Die rechtspopulistische Partei AfD versucht unzufriedene Bürgerinnen und Bürger mit einfachen Parolen zu gewinnen und für ihre Ziele zu manipulieren.

Daher sollten die großen Volksparteien stärker den „Patriotismus“ und  die „Innere Sicherheit“ in ihrem Denken und Handeln berücksichtigen.

Meyers Enzyklopädisches Lexikon/Band 19 Seite 299/Patriotismus:

Liebe zur Heimat, Liebe zum Vaterland; individuelle und/oder polit. wirksame, kollektive Haltung umfassender Treue, Verehrung und gefühlsmäßiger Bindung an Werte, Traditionen und kulturhistor. Leistungen des eigenen Volkes oder der eigenen Nation. P. kann sich auch auf einen (z.B. landsmänn.) Teil der Nation beziehen, setzt jedoch die Entstehung und Entwicklung einer ethn. kulturell, religiös oder polit. abgrenzbaren Gemeinschaft voraus. P. äußert sich u.a. in der Achtung vor nat. Symbolen, wie Nationalfarben, -flaggen, -figuren und -hymnen, bes. Begehung von Nationalfeiertagen und in der Bereitschaft zu ungewöhnlichen Handlungen, auch Opfern für die Nation. P. entstand in Europa seit dem 18. Jh. gleichzeitig mit der Entwicklung eines Nationalbewußtseins. In nat. Notzeiten wirkt P. als Mittel zur sozialen und polit. Integration im Binnenbereich einer Nation ebenso positiv, wie er im Zeichen nat. Überheblichkeit (Chauvinismus, Naionalismus) negative, irrationale Freund-Feind-Verhältnisse züchten kann, die bis zur Existenzgefährung ethn. Minderheiten oder zu Konflikten zwischen Nationen führen können.

Die Grundwerte Deutschlands wurden nach 1945 durch das Grundgesetz von den Gründungsvätern definiert, insbesondere durch die Präambel und die Artikel 1 bis 20.

Die SPD hat daraufhin das sogenannte „Godesberger Programm“ als politische Leitlinie entwickelt und somit die „Linken“ und „Rechten“ als politsche Kraft vereint. Willy Brandt war der großartige Repräsentat und die Integrationsfigur  dieses Programms.

Die Hauptintegrationskraft des „Godesberger Programms“ waren der soziale Frieden, soziale Gerechtigkeit und die soziale Marktwirtschaft.

Nach der sogenannten „Wende“ 1989 zerbröselten diese Werte wie Treibsand langsam aber sicher. Der sogenannte #Neoliberalismus wurde das Credo der globalisierten Wirtschaft. Die Märkte wurden dereguliert, weil man der „Dow-Theorie“ folgte:

„Die Indizes diskontieren alles“. D.h.

Die Summe und Tendenz der Börsentransaktionen repräsentieren das gesamte Wissen der Wall Street der Vergangenheit, sofort und aus der Entfernung, im Hinblick auf die Vorhersage der Zukunft. Es besteht keine Notwendigkeit, den Indizes etwas hinzuzufügen, wie es manche Statistiker tun, Anpassungen von Rohstoffindizes auszuarbeiten, Devisenkursschwankungen, inlands- und auslandsbasierende Transaktionen oder irgendetwas sonst. Die Börse berücksichtigt alle diese Dinge. (John J. Murphy, Technische Analyse der Finanzmärkte, Seite 42, 12. Aufl. 2016)

Neuerdings haben selbst führende Wirtschaftswissenschaftler gemerkt, dass die neoliberale Ideologie den Kapitalismus nicht retten kann.

derFreitag/Aditya Charkrabortty/01.06.2016

Der Tod des Neoliberalismus http://bit.ly/1U4n8ui

Die letzte Krise der Finanzmärkte 2008 ist ein anderes Beispiel dafür, dass z.B. die sogenannte „Moderne-Portfolio-Theorie (MPT)“ von dem Nobelpreisträger und US-Ökonom Harry Markowitz nicht funktioniert hat. MPT unterschätzt dramatisch  die von den Fondsmanagern und Vermögensverwaltern prognostizierten Verlustrisiken und überschätzt die Gewinne.

ARIVA.DE/Erik Podzuweit/02.06.16:

Warum die Moderne Portfoliotheorie nicht modern ist – oder: die schöne alte Welt der Geldanlage http://bit.ly/1t812wZ

Diese vielen Negativ – Erfahrungen mit den Märkten und die gefühlte Entfremdung durch sicherheitspolitische Entwicklungen in der globalisierten Welt verunsichern und bedrohen die Bürgerinnen und Bürger. Sie suchen nach einfachen Lösungen. Die AfD bietet sie nach Motto zurück in die Zukunft.

Es ist kurz vor zwölf Uhr! Die großen Volksparteien (CDU/SPD) sollten die politischen, sicherheitspolitischen und finanziellen Ängste der Bürgerinnen und Bürger sehr ernst nehmen und keine Politik „Top-down“ betreiben.

Wir brauchen keine rechtspopulistischen Parteien, die nur „Schaum“ produzieren, aber keine wirklichen modernen politischen Lösungen anbieten.