Prekäre Lage der arabischen Welt

Die sicherheitspolitische, soziale und wirtschaftliche Lage in der arabischen Welt ist sehr zerbrechlich geworden nachdem die islamische Jugend begann die Welt zu verändern.

Hamed Abdel-Samad beschreibt in seinem Buch „Krieg oder Frieden“ die arabische Revolution und die Zukunft des Westen die Chance auf ein gedeihliches Miteinander von Abendland und Morgenland. Andererseits versucht er eine Prognose abzugeben,

„…ob in den destabilisierten Nationen Bürgerkriege und eine kollabierende Wirtschaft Hunderttausende, ja Millionen junger Menschen auf den Weg nach Norden zwingen, wo sie die überalterten Gesellschaften Europas zu überrennen drohen. Abdel-Samads Botschaft ist klar: Der Westen muss sich wirtschaftlich und politisch engagieren, um den Menschen in ihrer Heimat eine Perspektive zu eröffnen.“

In seinem weiteren Buch „Der Untergang der islamischen Welt“ versucht er weitere Prognose für die Zukunft des Islam zu entwickeln. Er zitiert u.a. aus dem Buch „Der Untergang des Abendlandes“ von Oswald Spengler die folgende Passage:

„Zuletzt, im Greisentum der anbrechenden Zivilisation, erlischt das Feuer der Seele. Die abnehmende Kraft wagt sich noch einmal, mit halbem Erfolg – im Klassizismus, der keiner erlöschenden Kultur fremd ist, an eine große Schöpfung; die Seele denkt noch einmal – in der Romantik – wehmütig an ihre Kindheit zurück. Endlich verliert sie, müde, verdrossen und kalt, die Lust  am Dasein, und sehnt – wie zur römischen Kaiserzeit – aus tausendjährigem Lichte zurück in das Dunkel urseelenhafter Mystik, in den Mutterschoß, ins Grab zurück.“

Hamed Abdel-Samad analysiert weiter:

Während sich im Westen ein Gegenpol zum Materialismus und Konsumverhalten im kulturellen Repertoire der Aufklärung und des Humanismus findet, mangelt es dem gelebten Islam an einem eigenen gesunden Verteidigungsmechanismus gegen den Konsum, ohne ihn kategorisch auszuschließen und zu verdammen. Man könnte könnte sagen, Konsum ohne Kant führt zu Verwirrung. Indem die Mehrheit der Menschen in den islamischen Staaten die Instrumente und Produkte der Moderne verschlingt, sich dem dahinter stehenden Gedankengut aber nach wie vor verschließt, existiert sie in einem Zustand der Schizophrenie, der über kurz oder lang in Fanatismus oder kulturelle Verwahrlosung mündet – oder gar in beides zugleich.

Dieser Zustand ist längst eine Realität in der islamischen Welt und wird von vielen vereinfacht als ein Konflikt zwischen Tradition und Moderne gedeutet. Doch er verweist meines Erachtens auf den Zerfall einer Religion, die keine konstruktiven Antworten mehr bieten kann auf die Fragen des modernen Lebens und auf den Zerfall einer Kultur, die die eigene Besonderheit über den Wandel stellt, obwohl dieser Besonderheit keine Substanz mehr entspricht.

Was der Westen als Re-Islamisierung der islamischen Welt wahrnimmt, ist in Wirklichkeit nur ein Vorhang, der das Verschwinden der Religion verdecken soll.

Im Westen herrscht die Vorstellung, der Islam sei übermächtig und befinde sich auf dem Vormarsch. Die demographischen Entwicklungen in der islamischen Welt und in Europa sowie die blutigen Anschläge und schrillen Töne des fundamentalistischen Islam bestätigen viele Menschen im Westen in ihren Annahmen. Tatsächlich ist es  jedoch so, dass sich die islamische Welt in die Defensive gedrängt fühlt und gegen die in ihrer Wahrnehmung aggressive Macht- und Wirtschaftspolitik des Westens heftig protestiert.

Das Engagement der westlichen Mächte in Afghanistan und im Irak sowie die vielen ungelösten Konflikte in der islamischen Welt, von Tschetschenien bis Palästina, lassen Verschwörungstheorien über die hegemonialen Ansprüche und Bemühungen des Westens wuchern. Während viele Europäer die Islamisierung Europas und den Untergang des Abendlandes beschwören, sehen sich viele Muslime eher als Opfer eines westlichen Masterplanes, der die totale Kontrolle über die Ressourcen der Muslime und die Unterwanderung ihrer Heiligtümer vorsieht.

Jörg Armbruster beschreibt in seinem Buch „BRENNPUNKT NAHOST“ die Zerstörung Syriens und das Versagen des Westens u.a. den syrischen syrischen Teufelskreis:

Noch nie war die Lage in der arabischen Welt so zerbrechlich und angespannt wie heute. Das Alte scheint zu verschwinden. Dafür haben die Aufstände 2011 gesorgt. Unklar ist aber, was als Neues kommt.. Anfangs sah für einen kurzen Augenblick so aus, als kämpften die Tahrirplatz-Demonstranten für einen säkularen Staat. Doch stellte sich das schnell mehr als Wunschtraum denn als Realität heraus. Zumindest in Tunesien und Ägypten war schon früh klar, dass als Sieger nur die Muslimbrüder in Frage kommen, obwohl sie sich spät den aufständen angeschlossen hatten. Die ersten freien Parlamentswahlen haben sie dann auch erwartungsgemäß überwältigend gewonnen. In Ägypten zusammen mit den Salafisten mit einer Zweidrittelmehrheit. Zwei Jahre später allerdings ist ihr Traum von der Macht wieder zerplatzt. Das ägyptische Militär stürzt die frei gewählte Regierung der Muslimbrüder wegen anhaltender Proteste gegen den Präsidenten und seine gescheiterte Politik. In Tunesien ist die islamistische Enahda-Partei als stärkste Partei an einer Regierungskoalition beteiligt. Aber auch hier wachsen die Konflikte dem Land allmählich über den Kopf.

In Syrien ist aus den friedlichen Demonstrationen, mit denen der Konflikt 2011 begonnen hatte, eine Art Stellvertreterkrieg geworden, der immer mehr die Züge eines Religionskrieg annimmt. Schiiten gegen Sunniten, Katar und Saudi Arabien gegen den Iran und schließlich ein Wettkampf zwischen Russland und den USA, den Putin durchaus gewinnen kann. Die friedlichen Demonstranten von einst sehen sich an den Rand der jüngsten syrischen Geschichte gedrängt, dabei hatten sie nur Respekt, Würde, politische Teilhabe und ein besseres Leben gewollt. Anfangs hatten sie sogar darauf verzichtet, den Rücktritt Assads zu fordern. Das kam erst später. Auf den frischen Wind aus Ägypten und Tunesien hatten sie 2011 gesetzt und müssen nun erleben, wie ihr Land in einen zerstörerischen Tornado gerät.

[1] Hamed Abdel-Samed, „Krieg oder Frieden Die arabische Revolution und die Zukunft des Westens“, 2011, Droemer Verlag, München

[2] Jörg Armbruster, „BRENNPUNKT NAHOST Die Zerstörung Syriens und das Versagen des Westens“, Westend Verlag GmbH, Frankfurt/Main 2013

Syrischer Widerstand gegen die französischen Besatzer und Heimat von Terrorgruppen

Die Franzosen handelten nach dem Prinzip „teile und herrsche“. Sie formten Kleinstaaten aus ihren Mandatsgebieten. An der Spitze stand jeweils ein französischer Verwaltungsbeamter.

Einen eigenen Staat mit eigener Fahne und klaren Grenzen bekamen die Alawiten. Ein französischer Gouverneur entschied über die Politik.

Nach vier Jahren wurden die Teilstaaten aufgelöst und zu einer großen französischen Verwaltungseinheit zusammengefasst.

Nur der Alawitenstaat blieb.

Der Großvater des gegenwärtigen Präsidenten, Suleiman al-Assad, schrieb 1936 zusammen mit anderen führenden Alawiten in einem Brandbrief an den französischen Präsidenten Leon Blum:

„Der Geist von Hass und Fanatismus im Herzen der arabischen Muslime lässt sie jeden Nichtmuslim ablehnen. Da diese Haltung vom Islam ständig genährt wird, gibt es keine Hoffnung, dass sich daran etwas ändert.“

Die Unterzeichner fürchteten in einem Großsyrien als Minderheit von der sunnitischen Mehrheit wieder einmal verfolgt zu werden, sobald ihre Schutzmacht Frankreich aus Syrien abziehen sollte.

Im Jahre 1946 erhielt Syrien von der Kolonialmacht Frankreich seine Unabhängigkeit und wurde Republik.

Nur zwei Jahre später, 1948, erklärte Israel seine Unabhängigkeit.

Der erste israelisch-arabische Krieg brach aus, der aus israelischer Sicht sogenannte „Unabhängigkeitskrieg“. Syrien stellte damals den multinationalen arabischen Truppen nur eine kleine Zahl von Soldaten im Kampf gegen den jüdischen Staat zur Verfügung, gerade mal 2500 Mann, von denen lediglich 1000 auf israelischem Boden kämpften, der Rest blieb in Syrien stationiert.

Das hatte weniger mit Zuneigung für den Zionismus zu tun. Es war eher eine politische Unterwerfungsgeste gegenüber den Großmächten Frankreich, USA und Großbritannien. Präsident Shukir al-Kuwatli wollte sich nicht in deren Regionalpolitik einmischen. Es war aber auch ein Statement Syriens gegenüber dem Panarabismus, der damals in den arabischen Staaten vorherrschende Ideologie, die vorsah, einen nationalen Einheitsstaat für alle Araber zu schaffen.

Das Syrien also im Krieg gegen Israel nicht wirklich mit von der Partie war, war also ein klares Zeichen, dass die Regierung in Damaskus schon damals die eigenen Interessen über die der „arabischen Sache“, des arabischen Kollektivs stellte, was immer das auch jeweils bedeuten mochte.

Das es Israel damals gelang, die arabische Armee hinter die libanesische Grenze zurückzu drängen, ist also – aus heutiger Sicht geradezu unglaublich – quasi der syrischen „Nichteinmischung“ zu verdanken.

Nach der ersten arabischen Niederlage gegen Israel, die auf Arabisch „Nakba“ genannt wird, auf Deutsch: „Katastrophe“, offerierten die USA 400 Millionen US-Dollar, um im fruchtbaren Nordosten des Landes rund eine halbe Million palästinensische Flüchtlinge anzusiedeln. Doch die syrischen Oppositionsparteien protestierten gegen diesen Vorschlag. Sie sahen dieses Angebot als Ausverkauf der in ihren Augen legitimen palästinensischen Rechte auf eine Rückkehr in das Land, das jetzt von den „Zionisten“ besetzt gehalten wurde.

Syriens Politik war stets darauf bedacht, seine eigene regionale Vormachtstellung zu sichern. So darf auch die Annäherung an die USA nach 1989 nicht als Hinwendung um Westen missverstanden werden. Schließlich ist heute der Iran der wichtigste strategische Partner Syriens. Es erhält aus Teheran billiges Öl und militärische Unterstützung.

Gibt es womöglich Chancen, Syrien aus den Klauen des Iran zu lösen? Davon sind viele im Westen überzeugt. Denn trotz der Unterstützung islamistischer Kräfte – die herrschende Baath-Partei ist bis heute radikal laizistisch, radikal anti-religiös.

Eine Schlüsselrolle bei der Vermittlung zwischen Syrien und dem Westen könnte der Türkei zufallen. Sie ist ein enger strategischer Partner der USA und Israels und teilt mit Syrien eine Grenze und vor allem: Wasserquellen. Die Türkei kontrolliert die gesamte Wasserzufuhr, die Syrien vom Euphrat erhält.

Heute ist die Türkei das einzige nichtarabische Land, das gute Beziehungen zu Syrien unterhält. Sollte die Türkei früher oder später EU-Mitglied werden, so könnte das auch für Syrien positive wirtschaftliche Auswirkungen haben.

Doch dazu muss sich Assad mehr bewegen. Zwar war Syrien eines der ersten Länder, das die von den USA eingesetzte irakische Regierung nach dem Sturz Saddam Husseins anerkannte.

Doch Syrien hält seine Grenzen zum Irak weiterhin offen. Waffen und islamische Terroristen können ungehindert in den Irak gelangen und somit den bewaffneten Kampf gegen amerikanische Truppen fortführen.

Bleibt also das Terror-Problem. Syrien ist nicht einfach nur ein „stiller Teilhaber“ an Terroraktionen islamistischer Gruppen. Syrien war selbst an zahlreichen Attentaten beteiligt, nach zuverlässigen Aussagen des US-Außenministeriums gibt Syrien der Hizbollah eine „substanzielle Menge Hilfe in den Bereichen Finanzen, Ausbildung, Waffen, Explosivstoffen, Politik, Diplomatie und Organisation“. Iranische Waffen, die für die Hizbollah bestimmt sind, gelangen über Syrien in den Libanon. Und man darf nicht vergessen: Syrien lässt bis heute Angriffe der Hizbollah auf Israel zu, schürt so regionale Spannungen, ganz wie es Damaskus beliebt.

Für Syrien ist die Beheimatung der Terrorgruppen ein wichtiges Element seiner Politik. Einerseits kann man deren Aktivitäten kontrollieren und beeinflussen, andererseits gibt es dem Regime die Möglichkeit, die Terrorgruppen als permanente Bedrohung moderater arabischer Staaten einzusetzen, um diese wenn nötig zu zwingen, sich gemäß eigener Interessen zu verhalten.

Nicht nur der Westen muss sich also angesichts der nuklearen Bedrohung durch den Iran entscheiden, wie er mit Syrien umgehen will. Auch Bashar al-Assad wird irgendwann Farbe bekennen müssen. Von ihm wird ein deutliches Signal erwartet, wohin er sein Land zu führen gedenkt. Dazu aber müsste er mit einer alten syrischen Tradition brechen: Mit der Politik der Doppeldeutigkeit, die sich immer mehr Möglichkeiten offen lässt.

 

[1] Jörg Armbruster, „BRENNPUNKT NAHOST Die Zerstörung Syriens und das Versagen des Westens“, Westend Verlag GmbH, Frankfurt/Main 2013

[2] Richard C. Schneider, „WER HAT SCHULD? WER HAT RECHT? Was man über den Nahostkonflikt wissen muss“, Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2007

Sexuelle Belästigung der Frauen auf dem Tahrir-Platz

Der Tahrir-Platz verdankt seinen Namen einigen gebildeten ägyptischen Frauen. Sie haben sich vor ca. 90 Jahren demonstrativ den Schleier vom Kopf gerissen und zur Befreiung Ägyptens sowohl von den britischen als auch von der osmanischen Herrschaft aufgerufen.

Die ägyptische Frauenrechtlerin Huda Scha’arawi, die Klara Zetkin als Vorbild sah, hatte diese Aktion damals initiiert, nicht um zu provozieren, sondern um andere Frauen zu ermutigen, sich von niemandem bevormunden zu lassen. Sie wurde für ihre Aktion nicht als Häretikerin oder Provokateurin betrachtet, sondern als Menschenrechtsaktivistin, nach der man eine Straße in Kairo benannte. Heute, über 90 Jahre später, ist eine derartige Aktion auf dem Tahrir-Platz beinahe unvorstellbar.

Im März 2011 traf sich am Rande eines Medienkongresses in Berlin die tunesische Bloggerin Lina Mhenni, die eine zentrale Rolle während der Jasmin-Revolution spielte, auch wenn sie das selbst immer bestreitet. Die zierliche junge Frau hatte einen Blog mit dem harmlosen Namen „A tunesian girl“, der aber eines von vielen effektiven Mitteln gegen die Zensur war, die das Regime Ben Alis über die Medien verhängt hatte. Obwohl ihr Freund, selbst Blogger, von der Polizei entführt und gefoltert wurde, schrieb sie weiter. Sie initiierte eine Internetkampagne für die Freilassung ihres Freundes und gegen Folter und Zensur.

Die Ironie der Geschichte ist, dass Ben Alis Frau Leila Trabelsi, die das Kopftuch im lauzistischen Tunesien vehement bekämpft hatte, nun in Saudi-Arabien lebt, wo sie ohne Schleier das Haus nicht verlassen darf.

Nicht nur religiöse Fanatiker hatten etwas dagegen, dass Frauen öffentlich demonstrieren, sondern normale Tunesier. Die Gleichberechtigung von Mann und Frau, die Ben Ali und auch seine Frau gesetzlich garantierten, schien einigen im nachrevolutionären Tunesien nicht mehr willkommen zu sein.

Das ägyptische Pendant zu Lina Mhenni ist Israa Abdel-Fattah…Die junge Bloggerin ist die Mitbegründerin der Bewegung „6. April“, die an der Seite von „Kahlid Said“ auf Facebook für eine große Mobilisierung der Demonstranten während der Revolution, aber lange davor verantwortlich war. Israa war eine der ersten Ägypterinnen, die Ende 2007 ein Facebook-Account einrichteten, kurz nachdem das soziale Netzwerk in Ägypten bekannt geworden war.

Als die Jasmin-Revolution Mitte Dezember 2010 in Tunesien ausbrach verfolgte Israa die Ereignisse  via Facebook und knüpfte Kontakte zu tunesischen Aufständischen. Am 25. Januar rief sie die Ägypter auf, nicht zu Hause zu bleiben, sondern in Scharen auf die Straße zu gehen. Sie wollte so viele wie möglich zum Tahrir-Platz mitnehmen, deshalb fing sie im Stadtteil Shubra an, in dem eine große koptische Gemeinde lebte.

Heute sitzt Israa als Mitglied der Jugendunion der Revolution mit den uniformierten Herren der Armee zusammen und verhandelt über die Zukunft Ägyptens. „Wir stehen kurz davor, unser Vertrauen in das militärische Etablissment zu verlieren. Wir verstehen viele Entscheidungen des Militärrates nicht, wir wissen immer noch nicht genau, was sie mit dem Land vorhaben“ sagt sie. „Unser Problem als Jugend, die diese Revolution zustande brachte, ist aber, dass wir nicht in der Lage sind, das Land zu führen. Uns fehlen die Expertise und all die Tricks. Deshalb müssen wir mit ihnen reden.

Die Revolution in Ägypten zeigte am 18. Tag ihr schreckliches Gesicht,

…das allerdings durch den Rücktritt von Mubarak überschattet wurde und kaum Beachtung fand. Während die Massen in Freudentaumel gerieten, stand die CBS-Korrespondentin Lara Logan umgeben von vielen jungen Männern. Logan schien überfordert und konnte kaum reden. Plötzlich rief einer aus der Masse „Sie ist eine Israelin.“ Ein anderer schrie: „Zieht ihr die Unterhose aus!“ Sie verlor den Kontakt zu ihrem Kameramann und dem Team.

Der  Rest ist eine einzige Tragödie, für die es keine Entschuldigung geben kann. Während Zehntausende laut schrien „Erhebe deinen Kopf, du bist Ägypter“, warfen Dutzende ägyptische Männer die südafrikanische Korrespondentin auf den Boden, rissen ihr die Kleidung vom Leib, begrabschten sie überall und vergingen sich an ihr.

Das Problem ist vielschichtig. Lara Logan ist eine Frau, eine westliche, blonde, unverschleierte Frau, die als Israelin bezeichnet wurde, eine vierfache Diskriminierung in einem Land, in dem nach wie vor eines dieser vier Attribute ausreicht, um diskreditiert zu werden. Tatsache ist, dass Fälle von sexuellen Belästigungen und Übergriffe auf Frauen in den Straßen, Verkehrsmitteln und öffentlichen Einrichtungen in Ägypten in den  vergangenen Jahren deutlich zugenommen habe.

Hamed Abdel-Samed, „Krieg oder Frieden Die arabische Revolution und die Zukunft des Westens“, 2011, Droemer Verlag, München

Die Stellung der Frau im Islam

Hamed Abdel-Samed beschreibt in seinem u.g. Buch über „Sex, Ehe und die Stellung der Frau: Was hat Mohamed wirklich verändert?“

Viele muslimische Theologen sind der Meinung, arabische Frauen in vorislamischer Zeit hätten gar keine Rechte gehabt. Erst Mohamed habe ihren Status verbessert und damit die Verhältnisse geradezu revolutioniert. So wird zum Beispiel behauptet, dass Frauen nicht erbberechtigt gewesen seien und nach dem Tod ihrer Männer wie Gegenstände an männliche Verwandte „vererbt“ worden seien. Mohamed soll das Erbrecht für Frauen eingeführt haben, so dass sie fortan die Hälfte dessen zugesprochen bekamen, was einem männlichen Erben zustand. Ebenfalls wird behauptet, dass Frauen in vorislamischer Zeit nicht das Recht gehabt hätten, bei der Wahl ihres Zukünftigen ein Wörtchen mitzureden. Erst mit dem Islam habe sich das geändert; seitdem gelte die Zustimmung der Frau als Voraussetzung für eine Eheschließung.

Doch Beispiele aus dem Leben Mohameds selbst belegen das Gegenteil. In seiner Biographie wird seine erste Frau Khadidscha als reiche Erbin beschrieben, die eine Zeitlang alleine lebte und als Witwe die Handelsgeschäfte ihres verstorbenen Mannes weiterführte. Und noch in vorislamischer Zeit wurde sie Mohameds Arbeitgeberin. Khadidscha hat sich ihren dritten Mann aktiv ausgesucht und sich mit ihrer Entscheidung auch gegen ihren Vater durchgesetzt.

Der zweite Beleg stammt sogar aus noch früherer Zeit und bezieht sich auf die Ehre von Mohameds Großvater Hashim mit einer Frau Yathrib. Diese hatte abgelehnt, ihrem Mann in seiner Heimatstadt Mekka zu folgen, und war bei ihrer Familie geblieben, an jenem Ort, an dem sie auch das gemeinsame Kind Abd al-Muttalib geboren hatte. Vor dem Islam hatten sowohl der Mann als auch die Frau das Recht, sich scheiden zu lassen. Mit dem Islam wurden die Rechte der Frauen beschnitten. Seitdem ist das Scheidungsrecht einzig dem Mann vorbehalten. Ein ähnlicher Rückschritt wurde bei der Sexualität vollzogen. Früher war es der Frau erlaubt, nicht nur Sex in der Ehe zu haben, sondern auch in einer unehelichen Beziehung. Mit dem Koran wurde dies unterbunden.

Kritiker dieser Sichtweise verweisen in diesem Zusammenhang gerne auf die vermeintlich altarabische Tradition des Ehrenmordes. Zwar gab es in vorislamischer Zeit Fälle, bei denen eine Frau wegen Ehebruchs getötet wurde. Doch dies waren Fälle, bei denen sich die Frau mit einem Mann aus einem fremden Stamm eingelassen hatte, was die Identität des eigenen Stammes gefährdete. Es war eher eine ökonomische als eine moralische Frage. Innerhalb des eigenen Stammes oder Clans war es keine Seltenheit, dass eine Frau Beziehungen zu mehreren Männern unterhielt. Es gab etliche Formen der Ehe und des Zusammenlebens in Altarabien, einer Zeit, in der sowohl Männer als auch Frauen ihre Sexualität so freizügig ausleben konnten wie seitdem nie wieder.

In dem Buch werden folgende weitere Themen dargestellt: Die reguläre Ehe, Ehe mit einer Kriegsgefangenen/Sklavin, Polygamie, Die Genussehe, Die Tauschehe, Die Leihvater-Ehe, Prostitution, Die Gewalt beginnt mit dem Wort.

Hamed Abdel-Samed, „Mohamed Eine Abrechnung, Oktober 2015, Droemer Verlag, München

Deutsche und Polen in friedlicher Nachbarschaft

Im Rahmen einer vertiefenden sicherheitspolitischen Veranstaltung habe ich an an dem Kooperationsseminar

„Polen – Deutschland: Außen- und Sicherheitspolitik im Spiegel der Zeit“ der Politischen Bildungsstätte Helmstedt e.V. und der Landesgruppe Niedersachsen des Reservistenverbandes vom 10.10. bis zum 13.10.2016 teilgenommen.

Wesentlicher Hintergrund für die Durchführung des Seminares ist der 25. Jahrestag der Unterzeichnung des deutsch-polnischen Nachbarschaftsvertrag vom 17.06.1991. Es wurde das Deutsch-Polnische Jugendwerk ins Leben gerufen, die Visapflicht für Polen aufgehoben und das sogenannte „Weimarer Dreieck“ Deutschland-Polen-Frankreich gegründet.

Das Seminar bestand aus einem theoretischen Teil mit historischen Hintergrundinformationen über ein „tausendjähriges Ringen“ wie auch kreatives Neben- und Miteinander der Deutschen und Polen bzw. die gemeinsame Geschichte der Deutschen und Polen.

Der praktische Teil gliedert sich in Exkursionen zur polnischen Botschaft in Berlin, wobei der polnische Militärattaché in einem zweistündigen Vortrag die bilateralen Beziehungen zwischen der EU und Polen darstellte.

Ergänzend wurde das Multinationale Korps Nord – Ost in Stettin (Szczecin) besucht. Hier wurden Auftrag und Ziele des Korps beziehungsweise die Zusammenarbeit der Polen, Dänen und Deutschen erläutert.

Zur Pflege der Erinnerungskultur wurden die ehemaligen Festungen Swinemünde (Swinoujście) und Kolberg (Kolobrzeg) und zum Gedenken der Gefallenen und Toten Kränze  in den Gedenkstätten Halbe und Auf dem Golm niedergelegt.

Die Stadtführungen in Stettin und Kolberg wurden von deutschsprachigen Polen in freundlicher Art und Weise durchgeführt. Auffällig war, wie oft diese polnischen Stadtführer die positiven Seiten der EU betonten. Die Festungen und Militärmuseen in Swinemünde und Kolberg wurden deutschsprachig von Einheimschen in freundlicher Atmosphäre vorgestellt.

Es scheint, als ob die deutsch-polnische Nachbarschaft nach der ostmitteleuropäischen Revolution 1989 stabil genug ist, um auch gravierende Spannungen in und um die EU auszuhalten. Allerdings gibt es bei der gegenwärtigen Flüchtlingspolitik der EU eine konträre Auffassung Polens gegenüber „Brüssel“. Die Flüchtlinge aus dem mittleren Osten werden als bekannte Bedrohung wahrgenommen, sagt Adam Krzemiński in seinem Vorwort zu „Die Deutschen und die Polen“ Geschichte einer Nachbarschaft.

Krzemiński sagt weiterhin: Beide Nachbarn müssen sich wohl wieder einmal gegenseitig neu wahrnehmen und akzeptieren. Die Polen werden sich daran gewöhnen müssen, dass auch sie nicht mehr nur Opfer der Geschichte , sondern Teil der „heilen europäischen Welt“ sind, die Deutschen wiederum täten gut daran, die historische Zeitverschiebung zwischen den Nachbarn zu berücksichtigen.

Man kann nur hoffen, das die deutsch-polnischen Beziehungen stabil bleiben und freundschaftlich weitergeführt werden, damit wir in Ruhe und Frieden leben können.

Burkhard Wittek schreibt: Aber es geht, wenn es um uns geht und um Europa, immer um „Unseren Ort. Nirgends.“ Es geht um eine Utopie, die keine leere Illusion ist. Es geht um eine Geschichte, in der sich große Traditionen bezeugten: das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit aus dem römischen Recht, die ethisch-moralischen Werte des Christentums, der Trennung von Staat und Kirche im säkularen Staat und die Bedeutung der Nation als identitätsstiftende normative Kraft. Hierzu gehören aber auch die großen geistigen europäischen Ideen und Werte, wie sie in Philosophie, Literatur, Kunst und Kultur bezeugt sind, und auf denen die Ideen der Aufklärung ruhen – also die Doktrin, dass der Gebrauch des eigenen Verstandes die Grundlage des Menschseins sei.

[1] Dieter Bingen/Hans-Jürgen Bömelburg/Andrzej Klamt/Peter Oliver Loew, „Die Deutschen und die Polen“ Geschichte einer Nachbarschaft, 2016

[2] Burkhard Wittek, „Masuren – Mein Ort. Nirgends.“, 2010

 

Wie „Zukunftsfähige Schule“ in Munster gestalten?

Die Ratssitzung des Stadtrates von Munster vom 1. September zeigte in der Debatte über den Antrag der SPD Fraktion Defizite in der logischen Argumentation. Es wurde von den Akteuren nicht der Nachweis erbracht, ob die Hanloh-Schule in der baulichen Substanz wirklich abgängig ist.

In der Debatte stehen drei Schulgebäude in drei Stadteilen zur Diskussion: Hanloh-Schule, Süllberg-Schule und Grundschule in Breloh, wobei unterschiedliche Züge in den jeweiligen Schulen unterrichtet werden. Auch die pädagogischen Ziele wurden in der Debatte nicht klar heraus gearbeitet. Zum Sprache kam allerdings die Vorstellung bzw. die Forderung nach einer „zukünftsfähigen Ganztagsschule.“

Die weitere Existenz der  Hanloh-Schule wird von der CDU-Fraktion ausgeschlossen. Die Hanloh-Schule soll sich baulich in einem schlechten Zustand befinden und soll den Schülerinnen und Schülern nicht mehr zuzumuten sein. Sie wurde in den 70ziger Jahren gebaut, und die Ratsfraktionen gehen davon aus, dass hier Asbest verbaut worden ist. Der Nachweis, dass dieser angenommene Tatbestand stimmt, wurde in der Ratssitzung nicht erbracht.

Allein die Annahme dieses Tatbestandes sollte zu einer Raumluftmessung führen, um der Gesundheit Willen der Schulkinder gerecht zu werden!

Ein akkreditiertes Institut sollte mit dieser Aufgabe zunächst beauftragt werden, um nachweisliche Daten als Grundlage für eine Bewertung der o.g. drei Schulgebäude zu gewinnen. Da alle o.g. Schulgebäude in Bausubstanz alt sind, sollte bei alle Schulen die Raumluftkonzentration von einem akkreditierten Institut nachgewiesen werden.

Erst wenn diese wissenschaftliche Datenbasis ermittelt, zusammengestellt und bewertet worden ist, kann es logischerweise zu einer fundierten Entscheidung kommen. Dieser Nachweis wurde in der Ratssitzung zumindest für Zuschauer nicht erbracht. Das ist ein grober Formfehler! Der Abwägungsvorgang ist fehlerhaft!

Weiterhin muss das Abwägungsmaterial beachtet werden: Bestehende Rechte, Belange (öffentlich und privat) sowie die Auswirkungen.

Erst wenn dieser o.g. Abwägungsprozess fehlerfrei nachgewiesen worden ist, kann der Stadtrat eine Entscheidung fehlerfrei herbei führen, ob eine „zukunftsfähige Schule“ in Munster hergestellt oder neugebaut werden muss. Hierbei muss eine Kostenabwägung nach den geltenden, haushälterischen Regel „Jährlichkeit, Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit“ stattfinden. Die Folgekosten sind zu beachten.

Es ist die Frage zu stellen: Wie sollte eine „zukunftsfähige Schule“ aussehen?

Dr. Otto Seydel von der DKJS Deutsche Kinder- und Jugendstiftung gGmbH aus Berlin hat 12 Thesen aufgestellt:

  1. Lernen braucht Ruhe, Licht und Luft
  2. Lernen benötigt unterschiedliche Perspektiven und aktive Zugänge
  3. Gelernt wird allein, zu zweit, in der Kleingruppe und im Klassenverband
  4. Förderung in einer inklusiven Schule geschieht in heterogenen Gruppen
  5. Ganztagsschule heißt Lernen, Toben, Verweilen, Reden, Essen und vieles mehr – in einem gesunden Rhythmus
  6. Lehrer arbeiten nicht als „Einzelkämpfer“, sondern im Team
  7. Schulbuch und Kreidetafel werden ergänzt durch Tablet-PC und Smartboard
  8. Kulturelles Lernen ist der Eckstein der Bildung
  9. Kinder und Jugendliche brauchen eine gesunde Umgebung
  10. Schule ist im Umgang mit Umwelt und Technik ein Vorbild
  11. Der demokratische Staat benötigt eine demokratische Schule
  12. Die Schule öffnet sich zur Stadt. Die Stadt öffnet sich zur Schule.

12 Thesen zum Bau einer „zukunftsfähigen“ Schule

Fazit:

Die „Ideallösung“ für den Schulbau gibt es nicht. Ein „alter“ Schulbau kann modernen Unterricht ausgesprochen erschweren, oft sogar verhindern. Ein „guter Schulbau“ wird nie abgeschlossen sein können.

Daher sollten wir uns vor Prognosen der sogenannten Experten hüten; Prognosen sind meistens falsch. Insbesondere sollten wir uns vor Prognosen hüten, die über 30 Jahren gehen; sie sind erst recht falsch. Das Wetter kann relativ zuverlässig für drei Tage vorher gesagt werden. Ähnlich ist es mit sozialen Systemen. Soziale Systeme und auch pädagogische entwickeln sich.

Daher rate ich zu einer Planung, die flexibel auf die jeweiligen ökonomischen und bildungspolitischen Erfordernissen angepasst werden kann.

 

Remis in der Schulpolitik in Munster!

Munster/Ratssitzung/01.09.2016

Der Antrag der SPD-Ratsfraktions „Beauftragung externer Sachverständiger Schulentwicklungs-, Schulnetz, Schulbebauungsplanung“ wurde bei Stimmengleich der Zustimmung und Ablehnung (Ja/Nein Stimmen) abgelehnt.

Das ist im Schachspiel ein klassisches Remis (Patt)! Das bedeutet soviel wie „zurücklegen“ oder „zurückstellen“. Somit ist das „Zurückstellen“ die Wiederherstellung des Ausgangszustandes (mit gleichen Chancen) bzw. die „Zurückstellung der Entscheidung“ bis zur nächsten Schachpartie.

Was war passiert?

Zunächst stellte die Bürgermeisterin Christina Fleckenstein in ihrem Plädoyer klar, dass die Stadtverwaltung noch zu keiner Entscheidung über zukünftige Schulstandorte in Munster gekommen sei.

Der Leiter der Ratssitzung, Lutz Winkelmann (CDU), gab dann die Debatte frei:

Die Führerin der SPD-Stadtratsfraktion, Renate Kapp (pensionierte Lehrerin), eröffnete die Debatte mit der Pro-Position der SPD. Das Ratsmitglied, Torsten Strutz (aktiver Soldat, CDU), eröffnete mit dem Contra. Weitere Contra Redner waren Jörg Pankla (Versicherungsvertreter, CDU), Adolf Wagner (stellvertretender Bürgermeister, CDU) und der Fraktionsvorsitzende der CDU Gerd Engel (Soldat a.D.). Die ergänzenden Pro-Redner waren: Lars Klingbeil (SPD), Dr. Detlef Rogosch (Stellvertretender Bürgermeister, SPD), Melanie Bade (SPD), Siegfried Irion (FDP) und Torsten von Scheffler (Ortsvorsteher Oerrel, FDP).

Die CDU-Ratsfraktion machte deutlich, dass aus ihrer Sicht zur Zeit kein externer Berater erforderlich sei.

Die FDP-Fraktion ließ erkennen, dass sie einen externernen Berater sehr wohl für erforderlich halten.

Bei der Debatte wurde von allen Kontrahenten klargemacht, dass bei dem laufenden Planungsprozess gegebenfalls als Unterstützungsleistung ein externer Berater zugezogen werden soll.

Nur leider passte der Antrag der SPD-Ratsfraktion in der Formulierung der CDU-Ratsfraktion nicht ins Konzept.

Also kam es zu einem Remis in der Abstimmung.

Man wird sich nach der Kommunalwahl 2016 wohl neu finden müssen und im Sinne der betroffenen Schülerinnen und Schüler entscheiden  müssen.

Am 9. September 2016 finden die Wahlen für den neuen Stadtrat in Munster statt. Gehen Sie bitte wählen und bestimmen damit die Zukunft der Munsteranerinnen und Munsteraner.

 

 

Europa ist kein Selbstzweck der Elite!

Wie schaffen wir ein vereintes Europa, dass den Ansprüchen der Bürgerinnen und Bürger gerecht wird? Wie erlangen wir die gemeinsame Souveränität des jeweiligen nationalen Staates zurück? Es kann nicht sein, dass „Brüssel“ uns diktiert, was wir zu tun und zu lassen haben.

Die nationale Identität des jeweiligen Mitgliedsstaates mit gelebten Patriotismus, mit seinen berechtigten Traditionen und Symbolen muss erhalten bleiben.

Dabei können die weltweiten, gemeinsamen Märkte und Finanzmärkte unterstützend helfen, den Wohlstand des Gemeinwohls zu verbessern.

Die Frage ist aber: Können aus den mutlosen EU-Verwaltern von gestern wirklich mutige EU-Visionäre von morgen werden?

Ein gemeinsames „Transatlantisches und Europäisches Sicherheitssystem“, dass den Bürgerinnen und Bürger zur „Inneren und Äußeren Gefahrenabwehr“ dient ist dabei unabdingbar.

Was nationale Aufgaben sind, müssen auch nationale Aufgaben bleiben. Jeder nationale Staate muss selbst über das Wohlergehen seiner Bürgerinnen und Bürger frei entscheiden können. Ein Eingriff von außen über eine komplexe Mammutbehörde in „Brüssel“ ist abzulehnen.  Ein Mammutbehörde ist zu träge, nicht steuerbar und viel zu teuer.

Die Aufgabe der Stunde

Europa in der Dauerkrise – und drohender „BREXIT“?

Der DAX befindet sich auf einem Tiefpunkt: die Ukrainekrise, der Krieg in Syrien sowie die Auseinandersetzungen im südchinesischen Meer und das geplante Referendum „BREXIT“ von Großbritannien am 23. Juni 2016 stellen erhöhte Risiken für die Märkte und damit auch für die europäische Gemeinschaft dar.

Zudem schwelt ein für die Demokratie bedrohlicher Populismus in Europa und auch in Deutschland, der mit allen Mitteln bekämpft werden muss!

Jedoch können wir von den Tories lernen.

FAZ/Jochen Buchsteiner/19.06.2016: Der populistische Spuk hat in Großbritannien seinen Schrecken verloren. Die Conservative Partei hat Antworten auf den Angriff der Anti-Establishment-Kräfte gefunden – das Referendum ist nur eine davon.

Die Tories haben Antworten auf die Populisten gefunden

Der sogenannte „BREXIT“ ist u.a. eine Antwort der Tories auf die Forderungen der Populisten.

Der Tag der Entscheidung über die Frage, ob Großbritannien in der EU bleiben oder diese verlassen wird (Brexit), ist gerade eine Woche entfernt.

finanztreff.de/WGZ Bank: Entscheidend wird am 23. Juni sein, wer an diesem Tag seine Fans am besten mobilisieren kann. Doch selbst wenn das britische Volk in dem Referendum für einen Brexit aussprechen sollte, heißt das nicht, dass am Ende dieses Tages einfach ein Schalter umgelegt werden wird. Denn schon mehrmals wurde von prominenter Seite darauf verwiesen, dass ein Brexit gar nicht umsetzbar sei. Vielmehr habe das Referendum nur als Empfehlung zu gelten. Natürlich respektiere man das Mandat der Bürger, die EU zu verlassen. Dennoch: Alles danach sei verhandelbar. Und Sache des Parlament.

Themen-Check: Psychologie eines Referendums

Internationale Terrorismusabwehr durch Sicherheitskräfte Deutschlands

Regierungshandeln bedeutet auch Gewaltandrohung, Sanktionen und Bundeswehreinsätze im In- und Ausland durchführen.

Problematisch sind die sogenannten „failed states“. Sie bringen das weltweite Wirtschaftssystem ins Wanken. Insbesondere im „Größeren Mittlere Osten[1]“ finden politische Umbruchprozesse statt, die fast nicht mehr kontrollierbar sind. Diese Umbruchprozesse bedrohen einerseits unsere Energieversorgung und andererseits durch Migration in die Industrieländer unsere Bevölkerungsstruktur und damit auch unser Wirtschaftsystem. Frontex wurde eingerichtet, um diese Migrationströme zu kontrollieren, sodass es nicht zu einem Kollaps unseres politischen und wirtschaftlichen Systems kommt.

Diese Aufgabe ist eine Herausforderung für die Europäer und Amerikaner. Es geht hier u.a. um

  • den freien Öl- und Gaszufluss aus der Golfregion,
  • die Bekämpfung des Internationalen Terrorismus und dessen Sponsoren,
  • die Eindämmung des islamischen Fundamentalismus zur Verhinderung der Kontrolle über die Region,
  • die Verhinderung der Proliferation der Massenvernichtungswaffen und um
  • das Iranische Atomwaffenprogramm.

Es geht aber auch, um sogenannte Klimakriege: Das sind die asymetrischen Kriege des 21. Jahrhunderts. Sogenannte „low-intensity-wars“ werden um Trinkwasser und Rohstoffe geführt. Es werden aber auch Gaspipelinesysteme angegriffen. Hier entstehen Dauerkriege und eine Gewaltökonomie. Beispiele hierfür sind der Sudan und Darfur.

Es werden fünf verschiedene Akteure unterschieden:

  • regionale Streitkräfte,
  • paramilitärische Gruppen,
  • Selbstverteidigunseinheiten,
  • Private Dienstleister und
  • Externe Streitkräfte.

Diese Entwicklung stört nachhaltig die Struktur unserer Zivilgesellschaft, die Märkte, Wirtschaftsysteme, Finanzsysteme sowie die Energiesicherheit.

Eine weitere wesentliche Bedrohung ist die Proliferation von Massenvernichtungsmittel (MVM). Wie können wir uns vor dieser Bedrohung schützen? Für die Gefahrenabwehr im Innern stehen uns Polizeikräfte zur Verfügung. Für die Verteidigung nach Außen hat Deutschland 1956 die Bundeswehr aufgestellt. In den Artikeln 87b und 115 ist der Auftrag unserer Streitkräfte vom Gesetzgeber geregelt worden.

Wie stellt sich nun die Überlebensfähigkeit[2] unserer Streitkräfte unter der Bedrohung eines gegnerischen Einsatzes dar durch

  • atomare, biologische und chemische Waffen,
  • Einsatz ballistischer Raketen, Marschflugkörper und Kampfdrohnen (UAV),
  • Angriffe durch Terroristen,
  • elektronische Angriffe?

Damit ergeben sich folgende Fragen:

  • Welche Systeme sind vorhanden, um das Angriffsspektrum festzustellen?
  • Sind „taktische“ Abwehr-Raketen (Land/See) für Bedrohungen von Marschflugkörpern ausgelegt und leicht verlegbar (Lufttransport)?
  • Welche Investitionen sind notwendig, um die Kommunikations-Systeme gegen elektronische Angriffe zu immunisieren?

Gemäß Konzept zur Erweiterten Luftverteidigung[3] (ELV) wurden Defizite festgestellt. Unter dem Punkt „Passive Luftverteidigung“ heißt es:

„Maßnahmen der passiven Luftverteidigung (z.B. Härtung, Auflockerung, Tarnung, Täuschung) können lediglich die Wirkung gegnerischer Luftangriffsmittel mindern. Da ein ausreichender Schutz von Personal und Material vor der Luftbedrohung daher gewährleistet werden kann, haben diese Maßnahmen ausschließlich ergänzenden Charakter. Dies schließt Schutzmaßnahmen gegen die Wirkung von Massenvernichtungswaffen (MVW) ein. Dazu sind zeitgerechte Frühwarninformationen zur Auslösung von Schutzmaßnahmen auch in Zusammenarbeit mit zivilen Stellen erforderlich.“

„Qualitative und/oder quantitative Defizite im Bereich der Streitkräfte bestehen derzeitig u.a.:

  • im unzureichenden Schutz gegen die Bedrohung im elektromagnetischen Spektrum bzw. durch Informationsoperationen,
  • in der unzureichenden Einsatzwirksamkeit gegen Tactical Ballistic Missile (TBM) bis 1000 km, einschließlich einer wirksamen Zerstörungsfähigkeit besonders gegen Gefechtsköpfe mit MVW,
  • in der nationalen Gewinnung/Bereitstellung von Frühwarninformationen,
  • in der Befähigung zur abstandsfähigen Detektion und Bestimmung von B/C-Kampfstoffen.“

Im Rahmen von Strukturanpassungen der Sicherheitssysteme an mögliche Zukunftsaufgaben (Abwehr von Cyberkrieg, Terrorismusabwehr und sogenannte „hybride Kriege“) der Polizei, Bundeswehr und Katastrophenschutz ist ein modernes Sicherheitskonzept Deutschlands erforderlich.

Bei Großschadenslagen und Katastrophen können Einsätze der Bundeswehr im Innern im Wesentlichen auf der Grundlage des Artikel 35 Absatz 1 (Amtshilfe) sowie Absatz 2 (Naturkatastrophen) des Grundgesetzes durchgeführt werden.

 

[1] Nordafrika, östliches Mittelmeer, Türkei, Kaukasus, Kaspische Region, Zentralasien (u.a. Afghanistan), Iran, Irak, Golfregion

[2] Die Fähigkeit, Streitkräfte und Infrastruktur gegen derzeitige und zukünftige Bedrohungen zu schützen; dazu gehört vor allem der Schutz gegen ABC-Waffen und eine (sog.) Taktische Raketenabwehr (Tactical Ballistic Missile = TBM) [Defense Capabilities Initiative (DCI)]

[3] 16. Mai 2001