Ideen des arabischen Nationalismus und Islamismus

Was sind die Grundsätze des arabischen Nationalismus?

Die Grundsätze des arabischen Nationalismus haben überwiegend säkularen Charakter: Gefordert wird die Trennung der geistigen von der weltlichen Autorität; die Regierung der muslimischen arabischen Staaten soll in der Hand politischer, nicht religiöser Führer liegen. Die Kreuzzüge in ihrer Eigenschaft als Religionskriege sind für die Führerpersönlichkeiten aus dem Kreis der arabischen Nationalisten daher kaum von Interesse, viel wichtiger ist die Vorstellung, dass einer auswärtigen imperialistischen Macht die Stirn geboten wird; außerdem schlachten sie das Propagandapotential aus, das der Vergleich zwischen der eigenen Vita und den Leistungen Saladins bietet. Gamal Abdel Nasser, der Premierminister (und spätere Präsident) Ägyptens zwischen 1954 und 1970, war einer der ersten Vertreter des arabischen Nationalismus. Er verkündete, dass die Gründung des Staates Israel „eine Neuauflage der Kreuzzüge“ darstelle, entstanden aus dem „Pakt zwischen Imperialismus und Zionismus“. Nasser zog auch immer wieder Vergleiche zwischen seiner Person und Saladin.

Was sind die Grundsätze des Islamismus?

Der Islamismus ist als Ideologie das genaue Gegenteil des arabischen Nationalismus; er vertritt die Forderung, dass die Theokratie die für den Islam angemessene Regierungsform ist. Die Islamisten sind jedoch, wenn überhaupt möglich ist, noch streitbarer in ihren Versuchen, angebliche Bezüge zwischen mittelalterlichen Kreuzzügen und der modernen Welt aufzudecken. Die islamistische Propaganda stellt gemäß ihrer religiösen Grundausrichtung die Kreuzzüge als aggressive Religionskriege dar, die gegen den Dar al-Islam (das Territorium des Islam) geführt werden und auf die es nur eine Antwort geben kann: den gewaltsamen militärischen Dschihad. Einer der einflussreichsten islamistischen Ideologen, Sayyid Qutb (er wurde 1966 in Ägypten wegen Hochverrats hingerichtet), beschrieb den westlichen Imperialismus als eine „Maske, hinter der sich der Geist der Kreuzfahrer verbirgt“, und stellte fest, dass „die Seele der Kreuzfahrer im Blut sämtlicher Abendländer weiterlebt“. Außerdem, so Sayyid Qutb, stehe hinter den Übergriffen des Westens auf die Levante eine Verschwörung des „internationalen Kreuzzugwesens“; als Beweis zitierte er Allenbys angebliche Erwähnung der mittelalterlichen Kreuzzüge.

Qutbs Ideen haben zahlreiche radikale islamistische Organisationen beeinflusst, von der Hamas bis zur Hisbolla. Im 21. Jahrhundert jedoch sind die gefährlichsten Vertreter dieser besonderen Art des Extremismus Osama bin Laden und sein enger Vertrauter Aiman az-Zawahiri – die beiden wichtigsten Stimmen des Terroristennetzwerkes al-Qaida.

Eines der wichtigsten positiven Resultate der Überfälle auf New York und Washington D.C. war die Tatsache, dass die wahre Natur des Konflikts zwischen den Kreuzfahrern und den Muslimen offenbar wurde. [sowie] das Ausmaß des Hasses, das die Kreuzfahrer uns entgegenbringen. Dann, im März 2003, nach der von den USA angeführten Invasion im Irak, fügte Osama bin Laden hinzu: „Der aktuelle Feldzug der Zionisten und Kreuzfahrer gegen den Islam ist so gefährlich und wütend wie nie zuvor [… Um zu lernen], wie wir diesen feindlichen, von außen kommenden Streitkräften Widerstand leisten können, müssen wir uns an den früheren Kreuzzugskriegen gegen unsere Länder orientieren.“ Diese irreführende, in manipulativen Umgang mit der Geschichte wurzelnde Hetzrhetorik hat seither nur unwesentlich nachgelassen.

Thomas Asbridge, „Die Kreuzzüge“, 2010, Verlag Simon & Schuster UK Ltd, London

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Reservisten-Rührt-Euch!

Ich bin Mitglied im Reservistenverband. Auftrag des Reservistenverbandes ist die Durchführung der Sicherheitspolitischen Arbeit für die Bundeswehr. Hieraus leitet sich die Mittler-Aufgabe für die Bundeswehr in der Zivilgesellschaft ab.

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